2007-03-10
Triumph in Moll
VSV - Vienna Capitals 6:2
Kennen Sie Johann Sebastian Bach? Dann kennen Sie sicherlich auch sein wohltemperiertes Klavier. Wo die Grundtöne der Stücke jedes einzelnen Teiles chromatisch aufwärts durch alle zwölf Dur- und Moll-Tonarten führen. Wobei der Titel sich auf die Wohltemperierte Stimmung bezieht, bei der die zwölf Halbtöne innerhalb einer Oktave so gestimmt sind, dass alle Tonarten auf einem Tasteninstrument brauchbar zu spielen sind. Sie können sich sicherlich noch an Ihren Musikunterricht erinnern.
Und so spielen die Adler derzeit ihr Eishockey. Da geht es bei uns derzeit so wohltemperiert durch alle Teile der Truppe, dass sämtliche Tonarten brauchbar zu spielen sind. Egal, ob wir in einen Rückstand geraten, oder voraus sind. Egal, ob der Gegner Jesenice, Salzburg oder Linz heißt. Egal, welches System der Gegner uns auftischt, oder mit welcher Taktik er uns kommen mag. Wir spielen unser Klavier aufs Wohlste temperiert. Und dass mussten heute auch die Capitals zur Kenntnis nehmen. Dabei haben die ja noch um ihre Play-off Chance gespielt. Trotzdem haben sie frustriert die Segel streichen müssen.
Weil wie der Greg Host sein Adlerorchester derzeit dirigiert, dass erinnert schon ein bisschen an den legendären Karajan. Der Greg hat die Truppe aber so was von bereit gemacht. Für die Spiele, die jetzt auf uns warten. Für die siebente Jahreszeit. (Für die Jüngeren unter Ihnen zur Erklärung, den Anderen zum Auffrischen. Das Jahr in Villach besteht nämlich aus: Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Fasching, Kirchtag und Play-offs). Der kann seine Linien schütteln und durchwechseln, dass du glaubst, du bist beim Scrabble. Wo du auch beliebig deine Buchstaben hin und her tauschen kannst, bis du das entscheidende Wort endlich gefunden hast. Und wie er seine Spieler momentan auch zusammenspannt. Heraus kommt dabei, zur Zeit jedenfalls, immer ein Sieg.
Und dass trotz eines Rückstandes, den wir uns ziemlich blöd eingefangen haben. Ja fast selbst gemacht haben. Weil wir sind eigentlich ganz gut in die Partie gestartet. Aber wir konnten die Feldüberlegenheit einfach nicht auf der Anzeigetafel festschreiben. Da haben wir einige Chancen ausgelassen. Und aus einer blöden Situation ist uns dann das 0:1 passiert. Und da hast du schon gemerkt, dass es für uns im heutigen Spiel keinen Druck gab. Wir hatten keinen Grund nervös zu werden. Weil genau genommen, haben wir heute nur für Jesenice draufgehalten. Auf unsere Wiener Freunde. Weil, wenn die Nachbarn selber die Linzer schlagen und wir die Caps bügeln würden, dann sollten die Slowenen den Cut für das Play-off wohl geschafft haben. Und solchermaßen, von allen lästigen Verpflichtungen befreit, war es nur eine Frage der Zeit, bis wir das Ergebnis zu unseren Gunsten beeinflussen sollten.
Mit einer 2:1 Führung ging es dann schließlich auch in die erste Pause. Und unser wohltemperiertes Adlerklavier spielte weiter alle Stückeln. Wir hatten die Wiener völlig unter Kontrolle. Ohne auch nur im Geringsten an unsere Grenzen gehen zu müssen. Unser Orchester spielte wie aus einem Guss. Da kannst du keinen hervorheben. Weder positiv. Noch negativ. Da waren abgebrühte Teamplayer am Werk. Vor allem hattest du nicht das Gefühl, dass da ein Gegner in der Halle war, der seine Play-off Chancen wahren wollte. Die wirkten eher, wie ein lustloser, unmotivierter Haufen aufgescheuchter Hühner, als ein ernstzunehmender Play-off Kandidat. Aber vielleicht ist das kein Wunder, wenn eine Schar, beutehungriger Adler über deinen Stall kreist. Da kannst du schon einmal den Faden verlieren. Da hat sich schon so manches Konzept als untauglicher Rohrkrepierer erwiesen. Wenn die Adler ihre optimale Flughöhe erreicht haben.
Und nach 33 Minuten war das Spiel praktisch entschieden. Der Martin Oraze machte das 4:1. Und den Wienern die letzte Hoffnung zunichte. Als dann auch noch die legendären JE-SE-NI-Ce Rufe durch die Villacher (!) Stadthalle hallten, war selbst dem letzten Wiener klar, wer, zu mindestens aus Villacher Sicht, als 4. Mannschaft um das Rennen um die Meisterschaft sollte. Zweisprachige Ortstafeln hin oder her. Am Ende ist dir das Hemd von den Verwandten doch näher als der Rock, der arroganten Hauptstädter. Weil Blut ist kein Rotz. Wie schon die alte Kravanja zu sagen pflegte.
Auf alle Fälle feierten die Fans eine wohl temperierte Eishockey Party. Und alles hätte so schön sein können. Mit einem 6:2 haben wir die 34. volle Fuhre in die trockene Scheune gebracht. Die Slowenen haben Linz geschlagen und haben es, mit einem 3 Punkte Vorsprung, jetzt selbst in der Hand, die Wiener in den vorzeitigen Urlaub zu schicken. Als nächster Exibition-Gegner kommen die Kellerkinder aus Klagenfurt für ihre obligatorische Pflichtwatsche zu Besuch. Und die Serie meiner kleinen Tochter Maria hat auch gehalten. Sie hat nämlich ihr ganzes Leben, noch nie, eine VSV Niederlage in der Halle miterleben müssen. Ein echtes Villacher Sonntagskind halt. Wie es ausschaut.
Und doch ist mir in diesem schönen Augenblick nicht wirklich nach Feiern zu Mute. Musste doch der David Edgerton nach dem zweiten Drittel in die Dreschnigstrasse verbracht werden. Mit der Rettung. Ins Krankenhaus. Verdacht auf Knöchelbruch. So eine Scheiße. Da trifft es den zweiten Legionär innerhalb einer Woche dermaßen blöd am Haxen, dass zweimal gleich ein Knochen splittert. Und abgesehen von dem „Ätsch“ seinem persönlichen Waterloo, bringt uns das jetzt in eine unheimlich blöde Situation. Weil ja auch der Gauthier wahrscheinlich nicht, oder zu mindestens nur arg gehandicapt, spielen wird können. Im Halbfinale. Und tauschen dürfen wir, bekanntermaßen, ja nur mehr einen Spieler. Da zieht sich ein kleines „Schlechte-Laune-Wölckchen“ über dem Villacher Eis zusammen.
Aber was solls. Wir werden den Unbilden dieser kleinen Schlechtwetterfront trotzen. Wie wir es schon so oft getan haben. Wenn ein plötzlicher Wetterumschwung versucht hat, uns unser sonniges Villacher Gemüt zu verregnen. Wir werden ein bisschen zusammenrücken. Unseren ständigen Begleiter, den Teamgeist; beschwören und gebannt dem Greg Holst seinen Aktionen folgen. Wenn er sein Adlerorchester ins Finale dirigieren wird. Wohl temperiert, natürlich. Und wer dabei die erste Geige spielen wird, wird uns im Wohlklang der Adlerhymnen letztendlich egal sein.
vsvfan