2004-05-25
Wie ich nach Kärnten gekommen bin
Zuerst war ich entstanden, ohne dass ich etwas davon wusste. Auch meine Eltern wussten nichts von mir. Erstens waren sie zu jung gewesen und zweitens waren sie an einem Punkt angelangt, an dem sie eigentlich nicht mehr miteinander wollten. Zumindest meine Mutter hatte Träume, die aus Eisenkappel, wo sie aufgewachsen war, weit weg führten, Sri Lanka war das Ziel gewesen, ein Onkel war dort Missionar, dem hatte sie sich anschließen wollen, nachdem sie mit meinem Vater nicht mehr hatte wollen.
Doch da war schon eine Spur von mir gewesen. Auch wenn alles Mögliche versucht worden war, um sie auszulöschen, sie war da und blieb. Da war ein Fluss gewesen, ein reißendes Gewässer, waren nackte Füße gewesen. Meine Mutter hatte im letzten Moment eine Stimme gehört, die sie zurückgerufen hatte, obwohl sie einen Entschluss gefasst hatte, der auch mich das Leben gekostet hätte. War das ich gewesen, diese Stimme?
Die reinen Gewässer unseres schönen Landes, Trinkwasser. Für mich Todeswasser. Knapp daran vorbei, ich wusste von nichts. Oder doch ? So wuchs ich und wuchs. War nicht aufzuhalten.
Etwas in mir sagt, eigentlich verdienst du es nicht, hier zu sein. Nicht in diesem Land und nicht in einem anderen. Einmal hier geboren, war ich auch schon verlorengegangen, mein Blick schweift seither unruhig. Ich liebe die Seen, ihre wechselnden Launen und Farben. Ich liebe die Wälder, besonders die Vogelstimmen darin, das weiche Moos. Ich liebe die Ausblicke von hoch oben über die Berge, die Seen, die Wälder, die Autobahnen.
Ich schwebe über diesem Land, wie ich über jedem Land schweben würde, solange, bis mich jemand ansieht, bis mich jemand berührt in diesem Land und mir damit zu verstehen gibt, es ist Dein Boden. Vielleicht lande ich dann mit meinem Atem in Kärnten.