2001-11-09
2 Thesen
Rede zur 1. Biennale
Der Begriff "kärnöl" ist aus dem Satz "Kärntner Kunst in schwerem Öl" entstanden. "kärnöl" ist also eine Abkürzung. Und damit ist "kärnöl" ein Wegweiser heraus aus den trägen Viskositäten der verwalteten und geschützten Kärntner Kunstwerkstatt. In seiner Struktur ist kärnöl ist eine juridisch nicht gefaßte Begegnung von kulturschaffenden und kulturinteressierten Personen. kärnöl initiiert, kommentiert und analysiert, veranstaltet und diskutiert künstlerische und kulturelle Aktivitäten im nicht subventionierten Kärntner Kulturraum.
Tja, und damit befindet sich kärnöl natürlich mitten im öffentlichen Raum. Damit muß sich kärnöl in diesem Raum aber auch positionieren, was ja auch ganz klar in der Deklaration von kärnöl passiert. Der heutige Tag bietet uns aber eine seltene Gelegenheit, diese Positionsbestimmung erneut zu reflektieren und einer breiten Diskussion zu unterziehen. Dieser Diskussion möchte ich die folgenden Thesen zu Grunde legen:
These 1
Durch den gesamten öffentlichen Raum verläuft eine Trennlinie zwischen dem mehr oder auch weniger subventionierten Bereich auf der einen und dem nicht subventionierten Bereich auf der anderen Seite. Damit verläuft diese Trennlinie auch durch den öffentlichen Kulturraum.
These 2
Die kapitalgesteuerten westlichen Demokratien des 21. Jahrhunderts und damit auch unsere kapital fehlgesteuerte Demokratie hier in Österreich hat mittlerweile den allerletzten Kunst- und/oder Kulturauftrag storniert. Mehr noch! Diese Demokratien haben gar keinen Kunst- und/oder Kulturauftrag mehr. Und warum? Weil ihre kapitalgesteuerten Gesellschaften solche Aufträge nicht mehr vergeben. Nebenbei bemerkt: wenn heute die Rede von Aufträgen ist, dann von solchen an internationale, globalisierte Bau-, Energie- und Rüstungskonzerne.
Aus diesen beiden Thesen schreit förmlich ein Widerspruch zum Himmel. Was soll man denn nämlich vom subventionierten Kulturraum halten, in einer Demokratie, die dafür gar keinen Auftrag mehr hat? Ich sage es Euch: Die Kultursubvention ist nicht mehr ein Unten hineinkommen zum Zwecke der Unterstützung, wie die Etymologie des Wortes vermuten ließe. Nein, es handelt sich bei der Kunst- und/oder Kultursubvention vielmehr um ein Unterwandern, um eine Aushöhlung. Und zwar in der sprachlich gleich perfiden Art, wie ein Arbeitgeber noch nie Arbeit gegeben hat, sondern sie immer nur genommen und bei Bedarf auch wieder weggenommen hat.
Wer also nicht will, daß ihm jeder dahergelaufene, geschmacksunsichere Populist jederzeit die Grundlage seiner Existenz entziehen kann, der muß NEIN sagen zur Subvention. Und er muß es auch in der politisch opportunen Situation tun.
Und deshalb lädt kärnöl alle ein: Laßt uns gemeinsam auf ihre Subventionen verzichten. Wir können nicht verhindern, daß sie unser Geld in ihr Nulldefizit stecken (in Kärnten sagt man Arsch dazu). Aber wir können verhindern, daß sie dort mitreden, wo sie nichts mitzureden haben. Wir können nicht verhindern, daß sie alle 4 oder 5 Jahre mit unserem Geld ihre monumentalen Werkschauen veranstalten, wo sie auf riesige Plakate das genaue Gegenteil dessen schreiben, was sie tun und wollen. Aber wir können Sie aussperren. Wir können Sie draußen lassen, weit draußen, dort wo sie sich am wohlsten fühlen: auf den Abstellgleisen ihrer Geldverschubbahnhöfe.
kärnöl ist ein Schritt in die richtige Richtung. Schaffen wir freie Strukturen, in denen künstlerische Aktivität unsubventioniert und damit unvereinnahmt und nicht instrumentalisiert passieren kann. Wo künstlerische Aktivität wieder dorthin zurück kann, wo ihr ureigentlichster Platz war und ist: Mitten in unserem Leben.
In diesem Sinne:
HAPPY BIRTHDAY kärnöl!