2012-02-20
Präsident Gauck - Prediger der verrohenden Mittelschicht
Kommentar von Jutta Ditfurth zum neuen deutschen Staatsoberhaupt
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Jutta Ditfurth, Autorin und Soziologin, vertritt ÖkoLinX - Antirassistische Liste im Frankfurter Römer
Mit Christian Wulff hat sich die politische Klasse eines lästig geworden kleinbürgerlichen korrupten Aufsteigers entledigt, während die viel größeren Geschäftemacher der Parteien weiter ungestört ihren Interessen nachgehen können.
Um die Peinlichkeit zu übertünchen, wurde nun Joachim Gauck, der Prediger für die verrohende Mittelschicht gerufen. Dass CDU/SPD/FDP und Grüne ihn gemeinsam aufstellen, verrät uns, dass uns noch mehr Sozialstaatszerstörung, noch mehr Kriege und
noch weniger Demokratie drohen. Einen wie ihn holt man, um den Leuten die Ohren vollzuquatschen.
Gaucks neoliberales Verständnis von Freiheit als Freiheit des Bourgeois, schließt soziale Menschenrechte aus. Von sozialer Gleichheit als Bedingung wirklicher Freiheit versteht er nichts. Mit der Agenda 2010 und ihren brutalen Folgen ist er sehr einverstanden, für die Betroffenen und ihre Proteste hat er stets nur Verachtung. Kritik am Kapitalismus findet Gauck lächerlich. Die Entscheidung zur Begrenzung der Laufzeit von AKWs gefühlsduselig.
Dem Krieg in Afghanistan hat Gauck die Treue gehalten, denn auch dieser Christ ist ein Krieger. In der Vertriebenfrage ist der künftige Bundespräsident ein Kumpan von Erika Steinbach und hat Probleme mit der polnischen Westgrenze. Was er von Demokratie und Humanismus hält, verrät er, indem er für die Verfassungsschutzüberwachung der Linkspartei eintritt und den Ideologen des Rassismus der Mitte, Thilo Sarrazin, „mutig“ findet. Hat jemand je eine scharfe und überzeugende Kritik an Nazis von ihm gehört? Fremdenfeindlichkeit kann er verstehen, aber er schätzt es nicht, »wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird«.
Gauck ist ein Anhänger der Totalitarismusideologie, der Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus. Mit seiner Aufstellung als Kandidat bekennen sich CDU/SPD/Grüne und FDP zu dieser unerträglichen reaktionären Weltsicht. Der Kandidat und die vier ihn aufstellenden Parteien passen zu einander.
P.S.: Das Amt des Bundespräsidenten ist überflüssig, ein feudales Relikt für obrigkeitsgläubige Deutsche.
magnitude, 2012-02-23, Nr. 5545
Also warum ein Jutta-Dittfurth-Statement zur bevorstehenden deutschen BP-Personalie von euch gesetzt wird ist mir ein bissl schleierhaft. Ja, die Ausrichtung der Seite ist links und das ist für den Diskurs in Kärnten wohl wichtig. Aber eine ins sektiererische abgefallene Lady, die mit ihren Statements selbst unter (ehemals) ihresgleichen nur mehr für Kopfschütteln sorgt zu zitieren bedeutet, eher den "abstrakten" (im Sinne von dann laß' mas lieber) Weg der Diskussion zu verfolgen.
Gebt's dem Mann doch eine Chance! Immerhin kommt er aus der Bürgerrechtsbewegung und die ist ja pauschal einmal nix schlechtes, oder..? Also, meine Anregung lautet: mehr Mut zum Risiko und keine langweiligen Theoretikerphrasen à la JD...
mimenda, 2012-02-23, Nr. 5546
So so, der Gauck quatscht uns voll. Ja, was haben denn der Wulff, Köhler, Rau usw. getan?
Wer Ihr biographisches Buch mit dem Untertitel "Wie wird so eine links?" liest, wird wohl mindestens eine Ahnung bekommen, warum sie wurde, was sie ist. Er wird bei ein wenig guten Willen mit Interesse lesen und narzisstisch Anmutendes ihrer genuinen Begabung zuschreiben. Er wird sie letztlich sogar mögen, obwohl sie polarisiert, sich und ihr Sein unterschwellig so darstellt als könne es für keinen ernstzunehmenden Menschen einen anderen Weg geben. Sie ist die Selbstauserwählte ihres vermeintlich seelischen Adels, dessen realen Titel sie in einer eitlen Geste bei jeder Gelegenheit demonstrativ vom Tisch fegt.
Wodurch unterscheidet sich Gauck von ihr? Durch eine andere Sozialisation! Er ist zeifellos auch der bessere Staatschauspieler. Aber er sagt ähnlich pointiert seine Meinung wie Jutta Dittfurth, ist ähnlich von sich überzeugt, ähnlich eitel. Dittfurth blendet in ihrer Kritik just das aus, was sie für sich in Anspruch nimmt: sein Gewordensein.
Ich bin durchaus auch skeptisch, was Gauck betrifft, aber die Einlassungen von Frau Dittfurth sind verkürzt und nicht im mindesten um Differenziertheit bemüht. Damit biegt sie sich die Fakten zurecht und bleibt weit hinter ihren Fähigkeiten zurück. Da sie das weiß, wissen muss, ist dieses BILD-Zeitungsniveau letztlich verwunderlich. Wenn ich böswillig wäre, würde ich ihr wohl Missgunst unterstellen.