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Walther Schütz

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2011-03-22

Flieg, Maikäfer, flieg!

Auf den ersten Blick scheint alles klar: Weil es um ein „globales Mitgefühl“ (Hubert Patterer) geht, gibt es ihn, den „Krieg gegen das Gaddafi-Regime“ (Kleine Zeitung-Titel vom So, 20.3.). „Ein Völkermord wie in Ruanda oder Bosnien darf sich nicht wiederholen“, so Patterer in seiner Kolumne.

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Scheint, wie gesagt, auf den ersten Blick klar. Andere Stimmen: Um Schlimmeres zu verhindern, begrüßen Europasprecherin und der außenpolitische Sprecher der Grünen, Ulrike Lunacek und Alexander Van der Bellen die entsprechende Sicherheitsresolution der UNO. (r Die Grünen, 18.3.2011)

Da ist schwer was darauf zu sagen: Irgendwie hohl klingen die Argumente der Kriegsgegner/innen, dass die Zivilbevölkerung unter der erneuten Eskalation besonders leiden würde – wenn doch womöglich so der Schrecken abgekürzt werden könnte.

Auch ein weiteres (Gegen-)Argument der Gegner/innen einer Intervention, dass es nur ums Öl ginge, zieht nicht. Denn einerseits wollte Gaddafi ja keineswegs den Ölhahn abdrehen und andererseits kann man ja trotzdem der Meinung sein: Der Zweck – die Verhinderung von Massakern – heiligt die Mittel.

Und dennoch: Mir stellen sich so viele Fragen und so viele Annahmen schwirren durch den Kopf, dass ich die Erleichterung über das angeblich Unvermeidliche, das Rettende der „chirurgischen Schläge“ nicht teilen kann. Und zwar auf den verschiedensten Ebenen:

Zunächst einmal auf der banalsten Ebene der Zweck-Mittel-Relation:

Wer garantiert denn die Präzision? Sind nicht all die Bilder von den punktgenauen Einschlägen pures Wunschdenken? Und: Was ist, wenn all die Schläge eine Eigendynamik auslösen, wenn sie womöglich die sogenannte Demokratiebewegung schwächen, weil sie aus dem Ausland kommen, als als 5. Kolonne des Imperialismus fungierend dargestellt werden können? Hat man sich nicht schon in Afghanistan in einen langwierigen Krieg hineinbegeben?

Dann: Was wissen wir überhaupt, was wissen die militärischen Führungsstäbe, die Politiker/innen des Westens? Was wissen wir über die Struktur der libyschen Gesellschaft, über die verschiedenen Interessen der Volksgruppen? (Rudolf Stumberger, r Kein Krieg als Tiefpunkt der Staatskunst, 20.3.2011) Wird nicht im Umfeld des Krieges noch mehr als sonst gelogen?

Etwas grundsätzlicher: Stimmt überhaupt das einfache Bild einer zweigespaltenen Gesellschaft: Da die Unterdrücker – dort die Unterdrückten? Was ist dran an den Angaben, wonach z.B. die libysche Bevölkerung ein hoch entwickeltes Gesundheitssystem habe, dass es ihr materiell eigentlich recht gut gehe...

Die Motive

Okay, das Argument der Interventionsgegner/innen mit dem Öl ist wirklich an den Haaren herbeigezogen. Aber sonst gibt es doch bei den „Retter/innen“ einige handfeste, nicht gerade lautere Motive und Ungereimtheiten:

  • Innnenpolitisch punktet sicher ein energisch auftretender, ansonsten schwer angeschlagener französischer Präsident. Und auch die britischen Sparpakete lassen sich auf einer Welle des Patriotismus leichter verkaufen.
  • Wie selbstlos ist es, wenn sich im Gefolge der Libyenintervention die Militärmacht EU mit ihren Battle-Groups konsolidiert? Soll mit der Intervention der militärische Flügel der EU gestärkt werden?
  • Geht es auch um eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse innerhalb der EU?
  • Welche sonderbare Rolle spielen manche arabische Staaten wie Saudi-Arabien, die einerseits in Bahrain bei der Aufstandsbekämpfung mithelfen, andererseits in Libyen auf der anderen Seite stehen? Welche alten Rechnungen werden da mit einem sich in vergangenen Jahrzehnten in linker Rhetorik ergehenden Unbequemen beglichen?

Rettungspaket „Demokratie“

Auch ohne die Lage in den einzelnen Ländern zu kennen (wer kann überhaupt sagen, dass er sie genau kenne?), so kann man – no na net – sagen: Die Rebellion wird aus verschiedenen Motiven gespeist, sie ist sehr heterogen. Und mit Fug und Recht kann man wahrscheinlich behaupten, dass insbesondere ein Teil der „gebildeten“ Schichten sich als Teil einer Bewegung versteht, die als „colour revolutions“ /Farbrevolutionen (r Wikipedia, deutsch: Farbrevolutionen, ausführlicher in Englisch r Wikipedia - Colour revolution) bekannt geworden sind. Diese orientieren sich am liberalen Ideal von freedom and democracy. Im Mittelpunkt dieser Art von Kritik steht das politische Machtgefüge. Die grundlegende These: Sei der Staat nur genügend liberal-demokratisch, dann könnte man erfolgreich an den Westen anschließen.

Exkurs
Eine solche liberale Ideologie, die sämtliche Erkenntnisse der Dependenztheorie (sowie verwandte Theorien – Weltsystemtheorie von Wallerstein, Imperialismustheorie...) und anderer Erklärungsmodelle ignoriert, wonach die Unterentwicklung die Kehrseite der Entwicklung der kapitalistischen Zentren ist, konnte nur deswegen ein erfolgreiches Revival erleben, weil ab den 70erJahren mit dem Ende des Fordismus auch und v.a. die Staaten mit einem Projekt der nachholenden Entwicklung als schwächste Glieder in der Verwertungskette ins Schleudern kamen. Das Zerbrechen der Entwicklungsillusionen und der damit verbundenen Delegitimierung der Entwicklungsdiktaturen (die sich oft als irgendwie sozialistisch /antikolonial definierten oder einfach nur so bezeichneten, im arabischen Raum kann man bei allen Unterschieden hier Nasser in Ägypten, Sadam Hussein im Irak und Gaddafi in Libyen einordnen) führt nun aber nicht zu einem Abschied vom immer schon problematischen Entwicklungsideal, sondern teils in den Ethnowahn (Jugoslawien) und religiösen Fundamentalismus (dazu Robert Kurz, r Implosion des Nationalismus) oder einfach in von Strukturanpassungsprogrammen gebeutelten Regimen der Krisenverwaltung, die sich oft jahrzehntelang hielten, soferne sie nur militärische Bedeutung für die Hegemonialmächte hatten.
Mit dem Aufbrechen der kapitalistischen Nationalökonomien in globalisierte Produktionsketten besteht für einzelne Regionen und soziale Gruppen als „Modernisierungsgewinner“ die Chance, sich vergleichsweise besser zu positionieren.

„Demokratiemehrwert“ für die Zentren

In den im Abstieg befindlichen Zentren (USA,Westeuropa...) haben die farbenen Revolutionen die alle möglichen Farben haben, nur nicht die Farbe Rot – einen enormen ideologischen Mehrwert, spiegeln sie doch das exportierte liberale Idealbild von freedom and democracy auf die Ursprungsregionen zurück. Und das in einer Zeit, in der mit der kapitalistischen Krise tendenziell klassisch bürgerliche Freiheiten abgebaut werden.

Vor diesem Hintergrund stellt sich nochmal in aller Schärfe die Frage nach dem Grundcharakter des bürgerlich-demokratischen Systems für uns alle – vor allem einmal für uns, aber auch für die „Revolutionäre“ in den arabischen Ländern:

  • Reicht es aus, als Perspektive eine Demokratie zu wollen, in der zunehmend nicht einmal mehr über Wirtschaftspolitik abgestimmt werden kann, sondern überhaupt nur mehr das Personal periodisch abgewählt werden darf?
  • Was heißt eine Strategie der Integration in den Weltmarkt für die Mehrzahl derer, die innerhalb der Peripherie die Peripherie bilden (Kleinbauern und -bäuerinnen, die sogenannten „ungebildeten“ Massen...) und die ja per Definition in einem Siegersystem nicht alle auf dem Stockerl stehen können?
  • Und schließlich: Was heißt es für die gesamte Menschheit, sich einer – demokratisch legitimierten – Verwertungsautomatik auszuliefern, die bei Strafe des kapitalistischen Untergangs nichts anderes kennt als endloses Kapitalwachstum?

Zurück zum Ausgangspunkt: Die Flieger fliegen, unabhängig davon, ob man der Überzeugung ist, dass damit Menschenleben gerettet werden oder der Imperialismus nur wieder einen weiteren Sieg errungen hat. Wovor man sich aber nicht drücken kann, ist die Beantwortung einer Reihe von Fragen, die sich einfach stellen und die ich versucht habe zu benennen. Ohne den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit.

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Positionen der deutschen Friedensbewegung finden sich unter:
r AG - Friedensforschung

Interessant insbesondere:
r Gespräch mit Issam Haddad über das politische System in Libyen

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Michaela, 2011-03-22, Nr. 5085

die frage nach dem kleineren übel - gaddafi masakriert gegner oder staatengemeinschaft massakriert gaddafi - greift zu kurz, wie du, walther, gezeigt hast und ist zynisch in anbetracht der menschen, die während der fragestellung massakriert werden.

hält sich "der westen" heraus, muss er sich den vorwurf gefallen lassen, demokratische bestrebungen nicht zu unterstützen und sich durch passivität die hände "blutig" zu machen. greift er ein, dann macht er sich die hände jedenfalls blutig, was nun passiert. jeder der vorher nach dem eingriff der staatengemeinschaft gerufen hat, hat unmittelbar einen neuen krieg in kauf genommen, aber wie hätte eine alternative aussehen können - waffenlieferungen an die rebellen? wo wäre der unterschied?

wäre es eine option gewesen, ein killerkomando zu schicken, das gezielt den despoten massakriert? was wäre dann passiert?

Hermann Dworczak, 2011-03-22, Nr. 5086

Die imperialistische Intervention in Libyen hat begonnen. Die Sarkozys, Berlusconis etc., die stets mit dem Diktator Gaddafi packelten, greifen nun zu den Waffen. Und wieder einmal dient die "Sicherung der Menschenrechte" als Vorwand.

Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und den USA (und im "Hintergrund" Deutschland) geht es natürlich nicht um Humanität. Im Windschatten der enormen revolutionären Welle, die durch die arabischen Länder geht, wollen sie ihre Interessen forcieren (vor allem geht es um Öl!- siehe ÖMV). Und schon gar nicht ist ihnen daran gelegen, dass die arabischen Massen außer den langjährigen Diktatoren auch Armut und neokololiale Abhängigkeit abschütteln.

Unsere Solidarität gilt der arabischen Revolution. Und deshalb sind wir für ein klares Nein zur Intervention des Imperialismus.

In diesen Tagen jährt sich zum 150 Mal die Einigung Italiens. Nicht durch "Hilfe"von außen (etwa Napoloen III.) kam sie zustande, sondern insbesonders durch den Kampf von Garibaldi und seinen bewaffneten Einheiten. "Italia fara da se" (Italien wird es selber machen) war die Parole.
Dieses Prinzip gilt auch für Libyen: Revolutionen sind eine Sache des Volkes- die militärische "Hilfe" der Westmächte ist ihr Todeskuss.

Hermann Dworczak (Aktivist im Austrian Social Forum/ ASF; 0676 / 972 31 10 )

Michaela, 2011-03-22, Nr. 5087

die frage nach dem kleineren übel - gaddafi masakriert gegner oder staatengemeinschaft massakriert gaddafi - greift zu kurz, wie du, walther, gezeigt hast und ist zynisch in anbetracht der menschen, die während der fragestellung massakriert werden.

hält sich "der westen" heraus, muss er sich den vorwurf gefallen lassen, demokratische bestrebungen nicht zu unterstützen und sich durch passivität die hände "blutig" zu machen. greift er ein, dann macht er sich die hände jedenfalls blutig, was nun passiert. jeder der vorher nach dem eingriff der staatengemeinschaft gerufen hat, hat unmittelbar einen neuen krieg in kauf genommen, aber wie hätte eine alternative aussehen können - waffenlieferungen an die rebellen? wo wäre der unterschied?

wäre es eine option gewesen, ein killerkomando zu schicken, das gezielt den despoten massakriert? was wäre dann passiert?

Zerberus, 2011-03-22, Nr. 5088

Die internationale Gemeinschaft zeigt sich angesichts der Militäraktion in Libyen überaus zerstritten:
- Die Türkei verlangt, dass die UN die Führungsrolle übernehmen.
- China fordert ein Ende der Kämpfe.
- Frankreich beharrt auf der Führungsrolle, die USA wollen ihre abgeben, die Nato kann sich dazu nicht durchringen, wird aber beispielsweise von Italien und Dänemark dazu gedrängt.
Eine einheitliche Kommandostruktur gibt es auch nicht, ledliglich beim Motiv sind sich alle einig: Rohstoffsicherung, Ausweitung des politischen und wirtschaftlichen Machteinflusses.
Es geht also nicht darum humanes Leid zu verhindern, sondern einzig allein um die Verteidigung neoliberaler Grundsätze.
Daher müssen die Luftangriffe auf Stellungen des libyschen Machthabers Muammar al-Gadhafi fortgesetzt werden, koste es was es wolle - sehr zur Missbilligung der arabischen Staaten und zum Leidwesen der Bevölkerung - der nächste (waffen-)industrielle Aufschwung kommt bestimmt.

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