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2010-05-01

Wir Okkupanten

Am 6. April 1941 überfielen deutsche, italienische, ungarische und bulgarische Truppen Jugoslawien (dazu Basisinformation auf r Balkanfeldzug). Schon wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde ein Teil des vom Hitlerdeutschland und seinen Verbündeten Ungarn und Italien okkupierten Slowenien, nämlich die Oberkrain (Gorenjska) dem Reichsgau Kärnten angegliedert. Zu einem aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendeten Kapitel österreichischer Geschichte.

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In den 1980er Jahren kam es auch in Kärnten zu einer Veränderung der Erinnerungskultur, die bis dahin vor allem durch zwei einander widersprechende Lesarten geprägt war. Einerseits vom Opfermythos, der von der politischen Elite im Ausland vertreten wurde und andererseits vom Mythos der heldenhaften Pflichterfüllung für die Heimat, der von den Kameradschaftsbünden vertreten wurde.

Seit damals hat sich die Gesellschaft jedoch massiv verändert. Eine neue Generation kritischer Menschen ist herangewachsen, die auf Spurensuche ging und sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Stadt bzw. Region auseinandersetzte. Auch in den Schulen wurde diese Zeit intensiver besprochen. Viele Lehrer/innen nutzten das von der Kreisky-Regierung beschlossene Zeitzeugenprojekt und luden ehemalige Widerstandskämpfer oder KZ-Häftlinge ein, die in der Lage waren, den Schüler/innen ein authentisch Bild dieser Zeit zu vermitteln. Ein sehr entscheidendes Ereignis war die Diskussion über die Kriegsvergangenheit des Bundespräsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim im Jahre 1986. Seine Rechtfertigung, er sei bei der Deutschen Wehrmacht eingerückt, »wie hunderttausende Österreicher auch, die ihre Pflicht erfüllte haben«, widersprach der Gründungsthese der Zweiten Republik, wonach die Österreicher/innen 1938 Opfer der Hitler´schen Aggression gewesen seien. Die Medien platzierten diese Aussage auf die Titelseiten und lösten eine heftige Diskussion über den Umgang Österreichs mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit aus. Die Debatte erreichte breite Bevölkerungsschichten und führte zu einer Diskussion über die Mitwirkung der Österreicher/innen an den Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In den 1990er Jahren hat sich sowohl Bundeskanzler Franz Vranitzky als auch Bundespräsident Thomas Klestil öffentlich zu einer Mitverantwortung Österreichs für die in der NS-Zeit begangenen Verbrechen bekannt. Trotzdem dauerte es noch ein Jahrzehnt, bis im Jahre 2002 eine ÖVP-FPÖ Koalition – welche Ironie der Geschichte – unter dem Druck der internationalen Ächtung, Restitutionsverhandlungen einleitete und abschloss.

Neue Gedenkinitiativen entstehen

Im Zuge dieses – beinahe zwei Jahrzehnte dauernden Diskurses – entstanden in Kärnten neue Gedenkinitiativen:

  • Die Gedenkinitiative »Loiblpass-Nord«, wo sich ein Außenlager des KZ Mauthausen befand und die Häftlinge von 1943 bis 1945 den Loibl-Tunnel gruben.
  • Der Verein »Erinnern-Villach«, der im Jahre 1999 ein »Denkmal der Namen« in der Villacher Innenstadt errichtete, auf den die Namen und Lebensdaten der Männer, Frauen und Kinder vermerkt sind, die von den Nationalsozialisten um ihr Leben gebracht wurden.
  • Die »Gedenkinitiative Oberes Drautal«, die zu diesem Thema vor Ort Nachforschungen durchführt, Veranstaltungen organisiert und demnächst ebenfalls ein »Denkmal der Namen« errichten wird.
  • Die Initiative »Memorial-Kärnten/Koroška«, die das Denkmal in Klagenfurt am Friedhof in Annabichl neu gestaltet und mit einem Namensteil erweitern will, auf dem alle Opfer aus Kärnten aufscheinen sollen.
  • Eine Gedenkinitiative in Hermagor, die sich mit der NS-Zeit im Gailtal auseinandersetzt, Publikationen herausgibt und Veranstaltungen durchführt.
  • Der Verein »Peršman«, der mit der Neugestaltung des Museums am Peršmanhof in Eisenkappel/Železna Kapla beschäftigt.
  • Eine wichtige Initiative ist auch die online-Dokumentation der von Tone Ferenc gesammelten Dokumente auf r www.karawankengrenze.at.

Der blinde Fleck – die Angliederung Oberkrains an Kärnten

Immer deutlicher stellt sich heraus, dass die Erinnerungsarbeit nicht auf Kärnten beschränkt werden darf, sondern auch auf die Oberkrain/Gorenjska ausgedehnt werden muss. Schon wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht im April 1941 wurde Oberkrain dem Reichsgau Kärnten angegliedert. Zum Chef der Zivilverwaltung wurde SS-Brigadeführer Franz Kutschera ernannt, den der »Führer« mit weitreichenden Vollmachten ausstattete. Der Auftrag lautete »dieses Land wieder deutsch« zu machen. Nun wurde von Kärnten aus ein brutales und äußerst rücksichtsloses Germanisierungsprogramm in Gang gesetzt. Beabsichtigt war die Auslöschung der ethnischen Identität des slowenischen Volkes. Slowenien sollte von der Landkarte verschwinden. Die dazu notwendigen Maßnahmen waren gut durchdacht und wurden konsequent umgesetzt. Die erste Säuberungswelle galt slowenischen Führungskräften. Lehrer, Priester und Intellektuelle wurden verhaftet und deportiert. Im Juli 1941wurden 2300 Personen aus der Oberkrain nach Serbien deportiert. In den Kirchen durfte nur noch deutsch gesprochen werden. Rasch wurde die Germanisierung im Schulwesen vorangetrieben. Für die Volksschulen und Bürgerschulen wurden hunderte Lehrer aus dem »Altgau Kärnten« herangezogen und schon im Herbst 1941, sechs Monate nach dem Überfall, wurde nur noch in deutscher Sprache unterrichtet. Sämtliche slowenische Vereine wurden aufgelöst und ihr Vermögen beschlagnahmt. Slowenische Bibliotheken und Archive wurden geplündert oder überhaupt zerstört. Auch alle äußeren Zeichen slowenischer Kultur verschwanden: Slowenische Orts- und Straßennamen mussten deutschen Bezeichnungen weichen und slowenische Vornamen mussten durch deutsche Taufnamen ersetzt werden. Um den sofort einsetzenden Widerstand die materielle Basis zu entziehen, wurden ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, und wer immer sich der Unterstützung der Partisan/innen verdächtig machte, musste damit rechnen, hingerichtet zu werden. In den Monaten Juli und August 1942 wurden vom deutschen Okkupator die Oberkrainer Ortschaften Gradišče, Koreno , Hrastnik, Kokra, Sovodenj, Zlato polje, Brezovica, Obrse, Mala Lasna, Podgora und Trnovče niedergebrannt, die männliche Bevölkerung erschossen, die Frauen und die Kinder deportiert.

In Begunje, das die Deutschen Vigaun nannten, befand sich das Gestapo-Hauptquartier. Hier wurden insgesamt 12.134 Personen festgehalten. Neben aktiven Widerstandskämpfer/innen hauptsächlich deren Angehörige bzw. Sympathisant/innen. Um dem Naziterror den Anschein von Legalität zu geben, installierte Gauleiter Kutschera im Jahre 1941 ein »Sondergericht«, das sich unter dem Vorsitz von Kurt Messinger mit der »Aburteilung kommunistischer Elemente« befasste. Die erste Sitzung fand im August 1941 statt und endete mit vier Todesurteilen, die bereits am darauf folgenden Tag vollstreckt wurden. Ihren besonderen Sinn für Proportionen stellten die Nazis bei den Geiselerschießungen unter Beweis. Für jeden Deutschen, der bei Partisanenüberfällen umkam, mussten zehn Geiseln ihr Leben lassen, während für jede/n slowenischen getötete/n Kollaborateur/in »nur« fünf Geiseln exekutiert wurden. Meist fiel die Wahl auf die Bewohner der betreffenden »Bandengebiete«. Ihre Hinrichtung fand entweder vor Ort oder auf dem Richtplatz in Begunje oder im Dragatal bei Begunje statt. Aus der peniblen Buchführung der Nationalsozialisten geht hervor, dass in Gorenjska während der Okkupation mindestens 1.270 Geiseln erschossen wurden. Weitere 5.100 Häftlinge landeten in deutschen Konzentrationslagern. Die wenigsten kehrten nach dem Krieg zurück.

Alle diese Angaben beziehen sich auf den von Kärnten aus verwalteten Teil des okkupierten Slowenien. Für die slowenische Steiermark, bzw. Untersteiermark wurde der steirische Gauleiter Siegfried Uiberreither als Chef der Zivilverwaltung von Hitler eingesetzt, der die notwendigen Maßnahmen traf, um das Land »in drei Jahren einzudeutschen«.

Gemeinsamen Region – gemeinsame Erinnerung?

Die Verbrechen der NS-Okkupationspolitik einerseits, der Befreiungskampf und die nachfolgende Rache der Partisanen andererseits haben Narben hinterlassen und tiefe Gräben zwischen uns aufgerissen. Seit Jahrzehnten ist das Thema der Kärntner Beteiligung an der Okkupation Sloweniens mit einem Schweigetabu belegt und es gibt darüber keine öffentliche Diskussion. Auch im Geschichtsunterricht in den österreichischen Schulen gehört dieses Kapitel, obwohl Slowenien unser Nachbar ist, nicht zum »Unterrichts-Stoff«. Im Hinblick auf die gemeinsame Geschichte, die gemeinsame Grenze und die gemeinsame EU-Zugehörigkeit ist eine Hinwendung zu dieser dunklen Seite unserer gemeinsamen Vergangenheit längst notwendig. Die Diskussion darüber bedeutet nicht, wie manche befürchten, Gräben neu aufzureißen, sondern Gräben zu schließen. Die öffentliche Debatte darüber ist eine Notwendigkeit, um auf klarerer und gerechterer Grundlage zusammenzuleben. In einem zusammenwachsenden Europa, in dem die nationalen Grenzen eine immer geringere Rolle spielen und sich verschiedene Regionen über diese hinweg zusammenschließen, ist transnationale Geschichtsschreibung eine Notwendigkeit. Zu einer gemeinsamen Region gehört auch eine gemeinsame Erinnerung. Der erste Schritt dazu ist ein gemeinsames Wissen.

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