2005-08-22
Die Liebe zur Kühltruhe
oder warum Angela Merkel Bundeskanzler werden muss
nach Diktat in Sicherheitsverwahrung
Auf die Eitelkeit von Politikern ist auch kein Verlass mehr. Gerade war aus dem Bundespräsidialamt verlautet worden, die geplanten Neuwahlen könnten am 18. September stattfinden. Nach einer getürkten, gescheiterten Vertrauensfrage seitens des Kanzlers und des damit verbundenen Ansinnens vorgezogener Wahlen hätte der Bundespräsident sein einziges relevantes, verfassungsmäßige Recht in Anspruch nehmen können, entgegen dem parteiübergreifenden Konsens, sein Veto einzulegen.
Damit hätte er Grundgesetzgeschichte schreiben können als Horst Köhler der Eigenwillige.
Diese Gedanken bewegten Charles Latan beim Dämmerschoppen in seiner Stammkneipe. Sein Zeitfahrplan war durcheinander geraten, musste er sich doch jetzt schon Gedanken darüber machen, welche Partei er wählen solle. Pink, Schwarz oder Gelb kamen sowieso nicht in Frage. Vielleicht Grün? Charles geriet ins Grübeln und bestellte sich darob als Gedankenstütze noch einen doppelten Obstler. Im Zusammenhang mit Grün kam ihm nur Bundeswehreinsatz in Afghanistan, Bomben gegen Belgrad oder bestenfalls das Dosenpfand in den Sinn. Beim gemeinsamen Nachsinnen fiel der Wirtin die Homoehe ein, auch Eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft genannt. Charles winkte ab. Hier seien die Grünen einmal mehr wieder inkonsequent, meinte er und raunzte „Meine Lebensgemeinschaft findet keine Berücksichtigung, die mit meiner Kühltruhe. Wir sorgen füreinander, ich zahle den Strom, taue sie ab, wasche sie aus. Dafür hält sie mein Bier kühl und auch die anderen Lebensmittel wie Wodka, Doppelkorn oder Weißwein. Und des Nachts ertönt ein vertrautes, sanftes Brummen“. Charles blickte melancholisch, die Wirtin leicht irritiert, aber sie kannte ihren Charles und zapfte ein frisches Bier an.
„Wusstest Du“ dozierte Charles langsam rhetorische Fahrt aufnehmend„ dass Angela Merkel eine Pastorentochter ist, und dass in der jüngeren Geschichte Pastorentöchter immer wieder für Spannung in der Politik gesorgt haben? Erinnere Dich an Gudrun Ensslin, ja genau die damals von der RAF. Die ballerte in der Gegend herum und sorgte so dafür, dass der Staat eine besonders innige Beziehung zu den Bürgern einging, damals unter Kanzler Schmidt.
Condoleezza Rice indes ist als Politikerin da wesentlich erfolgreicher, was Tote anbelangt; sie lässt als Profifundamentalistin auf Fundamentalisten, oder wen sie dafür hält, schießen. Wurden ihre farbigen Vorfahren noch von den Weißen drangsaliert, so kann sie heute als Außenministerin unter George W. Busch beweisen, im us-amerikanischen fundamentalistischen Establishment angekommen zu sein und drangsaliert nun ihrerseits wie ihr Herr und Meister.
Angela Merkel schließlich präsentiert sich vielversprechend. Ihr Verhalten im Irakkrieg gab Anlass zur Hoffnung. Dass sie das Talent hat, Politik spannungsreich, vor allem für andere, zu gestalten, hat sie in der DDR bewiesen. Zusammen mit Gesinnungsfreunden gelang es ihr, einen ökonomisch angeschlagenen Staat vollends zu ruinieren, Volkseigentum zu verschleudern und einen Großteil der Bürger vom Joch der Arbeit zu befreien. Falls sie diese Politiklinie als weiblicher Bundeskanzler fortsetzt, fragt es sich, welchem Staat sich Gesamtdeutschland dann anschließen soll. Ich weiß auch schon welchem: Österreich. Warum sollte nach 1938, quasi als historischer Ausgleich, sich diesmal nicht Deutschland Österreich anschließen? Dass dann beide Länder ruiniert wären, ist eine andere Frage. Aber das dann geschaffene Großösterreich könnte sich ja dann der Schweiz und Liechtenstein anschließen. Im übrigen, raunte Charles konspirativ, psychologisch wird Deutschland schon jetzt auf den bevorstehenden Anschluss eingestimmt. Die deutsche Fußballnationalmannschaft trägt bei Auswärtspartien seit neuestem Trikots in den Farben Rot-Weiß-Rot! Nun, wenn man die Pastorentöchter einem Vergleich unterziehen möchte, muss man zugestehen, dass die Ensslin die attraktivste war und die Merkel sich bei ihrer Karriere nicht nach oben geschlafen hat“.
Nach dieser sexistischen Schlusssentenz brauchte die Wirtin einen doppelten Irgendwas mit genügend Prozent und bei Charles war es sowieso egal. Beladen mit diesen trüben Aussichten schritt Charles im Seemanngang heimwärts und dachte dabei, ich mache es wie bei der letzten Wahl und lass mich von einem Wahltaxi der CDU oder noch besser FDP abholen, wähle die nicht nur farblich Roten und freue mich dann über meine Hinterhältigkeit.