2004-10-31
Manifest der glücklichen Arbeitslosen - Teil VI
...und was machen Sie so im Leben?
Bisher erschienen:
Manifest - Teil I
Manifest - Teil II
Manifest - Teil IÍI
Manifest - Teil IV
Manifest - Teil V
Es gibt im Moment mehrere Initiativen gegen Sozialabbau, gegen Neo-Liberalismus usw. Die Frage ist, wofür soll man sich erklären? Bestimmt nicht für den Wohlfahrtsstaat und die Vollbeschäftigung von einst, deren Wiedereinführung sowieso noch unwahrscheinlicher ist, als die der Dampflokomotive. Aber das Gegenbild könnte noch schrecklicher werden: Es ist vorstellbar, dass es den Arbeitslosen zugestanden würde, auf dem Brachland und den Mülldeponien der Postmodernität ihr Gemüse anzubauen und soziale Beziehungen selbst zu improvisieren, von High-Tech-Polizei fernüberwacht und von irgendeiner Mafia roh ausgebeutet, während die wohlhabende Minderheit unbekümmert weiter funktionieren würde.
Die Glücklichen Arbeitslosen suchen einen Ausweg aus dieser Alternative des Schreckens. Auf das Prinzip kommt es an. Ein Stichwort der herrschenden Propaganda heißt: Die Arbeitslosen seien ausgeschlossen, und zahlreiche Gutmenschen plädieren für ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Was das eigentlich heißt, erklärte ein Unesco-Humanist auf dem Kopenhagener "Sozialgipfel": "Der erste Schritt zur sozialen Eingliederung ist, ausgebeutet zu werden." Danke für die Einladung!
Vor dreihundert Jahren schauten die Bauern neidisch auf das Schloss des Fürsten. Mit Recht fühlten sie sich von seinem Reichtum, seiner Edelmuße, seinen Hofkünstlern und Kurtisanen ausgeschlossen.
Nun, wer möchte gern wie ein gestresster Manager leben, wer will sich den Kopf mit seinen sinnlosen Ziffernreihen vollstopfen, seine blondgefärbten Sekretärinnen ficken, seinen gefälschten Bordeaux trinken und an seinem Herzinfarkt verrecken? Von der herrschenden Abstraktion schließen wir uns freiwillig aus. Eine andere Art Eingliederung wünschen wir uns.
In armen Ländern gibt es Millionen von Menschen, die außerhalb des Kreislaufs der Marktwirtschaft leben müssen. Täglich berichten die Zeitungen über die Plage der sogenannten Dritten Welt, eine deprimierende Kette von Hungersnot, Diktatur, Krieg und Krankheiten. Dabei darf man nicht übersehen, dass gleichzeitig mit diesem - meist importierten - Elend auch eine andere Wirklichkeit stattfindet: ein von vorkapitalistischen Traditionen unterstütztes, intensives soziales Leben. Im Vergleich dazu sieht die westliche Gesellschaft so gut wie tot aus. Dort wird die Arbeit des weißen Mannes verachtet, weil sie kein Ende kennt - im Gegensatz zum Beispiel zu jenen somalischen Handwerkern, deren Gewinne in einem jährlichen Fest verjuxt werden. Je niedriger das Bruttosozialprodukt, desto größer die Fähigkeit der Menschen zu feiern.