2003-05-21
ICH LIEBE DAS LEBEN!
Nun steht er wieder da, gemütlich an der Theke lehnend. Das Glas Gin, welches er zum
Abschalten vor sich stehen hat, ist das Erste nach vielen Jahren. Dieses einfach bei der
Theke stehen und seinen Gedanken freien Lauf lassen, ist etwas, das er noch immer liebt.
Er steht da, sieht belanglos in den Raum, hört Musik und wechselt ab und zu ein paar Worte
mit dem Barkeeper. Für ihn bedeutet dies nicht Langeweile, sondern seine, ihm eigene Art
von Entspannung. Natürlich, er könnte sich auch zu Hause entspannen, aber er liebt es unter
Menschen zu sein. Auch wenn er mit ihnen nicht viel in Kontakt tritt, genießt er es, sie
zu beobachten. Und wie er so da steht überkommt ihn ein unbestimmtes Gefühl. Ein Angenehmes.
Ein Gefühl von Sympathie. Nur, woher? Er blickt sich genauer um und da sind sie. Diese
dunklen Augen, die er vorher schon einmal streifte. Und diese Ausstrahlung! Leider ist
diese Schönheit aber nicht alleine hier und noch dazu dürfte der Typ mit dem sie sich küßt,
tanzt und umarmt, ein von sich eingenommener Kerl sein. Aber diese ausgetauschten
Zärtlichkeiten sind nicht wirklich echt. Da ist kein Feuer, das ganze wirkt, zumindest von
ihrer Seite her, gelangweilt. Nun ja, aber immerhin ist sie mit ihm hier. Doch wäre da
nicht diese Erwiderung auf seinen Blick gewesen, er hätte weiterhin belanglos vor sich hin
gestarrt. Verdammt! Er wollte es wissen. War ihre Erwiderung nur Zufall oder bedeutete es
Interesse? Wie gesagt, die Bindung zu ihrem Begleiter wirkt nicht überzeugend, eher von
Gewohnheit gekennzeichnet. Ihm ist natürlich bewußt, daß es sich hier um ein nicht ganz
ungefährliches Spiel handelt. Denn sollte der Macho etwas mitbekommen, wer weiß wie er
reagiert. Nun, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Außerdem kann es sich ja auch um einen
Irrtum handeln. Vielleicht nur Einbildung? Warum sollte sie es auf seinen Blickkontakt
anlegen, wo sie doch in Begleitung dieses tollen Hechtes ist. Nun gut, aber das Spiel ist
nun mal eröffnet und ohne Gewißheit über Absicht oder Zufall sollte dieser Abend nicht
enden. Sein sonst so belangloses an der Theke stehen ist nun einer Aufmerksamkeit gewichen,
die für andere nur schwer erkennbar ist. Gilt es ja, sich Gewißheit zu verschaffen. Und
siehe da, aus seinen Augenwinkeln bemerkt er doch ein gewisses Interesse. Sehr gefährlich.
Immerhin, ist sie doch in Begleitung.
Das Ganze gibt ihm aber Mut. Soviel Mut, um beim nächsten Blick in die Runde direkt in
ihren Augen hängen zu bleiben. Und siehe da, sie erwidert für einige Sekunden seinem Blick.
Sekunden, die er wie Minuten empfindet. Dann wendet sie sich ab. Vermutlich um das Spiel
nicht auffliegen zu lassen.
So, nun wäre der erste Teil geklärt. Also doch Absicht. Stellt sich nun die nächste Frage:
bleibt es beim Spiel oder wird es vielleicht mehr? Doch leider bleibt diese Frage
unbeantwortet, denn nun holt ihr Begleiter die Mäntel und bezahlt die Rechnung. Beim
verlassen des Lokals, in einem unbemerkten Augenblick, dreht sich die Schönheit noch
einmal um, sieht den Thekensteher tief in die Augen ,lächelt und zuckt mit ihren Schultern.
Und sollte es nicht sein, wird es wohl keine Fortsetzung geben. Wie auch immer? Er nippt
an seinem Glas, schmunzelt und denkt:
ICH LIEBE DAS LEBEN!