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Andreas Exner

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2013-02-18

Wozu Arbeit?

Antworten von Solidarischer Ökonomie und Grundeinkommen bis zu Sozialer Infrastruktur

Wozu Arbeit? Unsere Gesellschaft wird von „Arbeit“ bestimmt. „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, so heißt es. Und tatsächlich: Wer keinen „Arbeitsplatz“ hat, erkrankt im Schnitt häufiger und stirbt früher als ein Mensch mit Arbeitsplatz. Die Arbeit stiftet Sinn, so heißt es. Soviel ist richtig: Arbeit definiert in unserer Gesellschaft die Position auf der sozialen Stufenleiter.

Arbeit und Lohnarbeit. Doch gibt Arbeit wirklich Sinn? Brauchen wir Arbeit wie die Luft zum Leben? Wovon wird gesprochen, wenn jemand „Arbeit“ sagt? Tut ein Mensch, der „arbeitslos“ ist, ganz einfach nichts? Sicher nicht. Tut ein Mensch, der „arbeitslos“ ist, nichts Sinnvolles? Nicht unbedingt. Ein Mensch, der „arbeitslos“ ist, kann den Haushalt führen, Kinder erziehen und die Familie zusammenhalten. Das ist es, wofür im Patriarchat die Frauen zuständig gemacht werden. Ohne solche Tätigkeiten geht eine Gesellschaft zugrunde. Ein Mensch, der „arbeitslos“ ist, könnte darüberhinaus Freundschaften pflegen, mit anderen gemeinsam etwas produzieren, lernen.

Warum „arbeiten“ Kinder nicht, wenn sie in der Schule sind, ihre Lehrer hingegen schon? Beide setzen sich doch mit Lehrinhalten auseinander. Die einen lehren, die anderen lernen, warum ist aber nur eines davon „Arbeit“? Warum spricht man von „Traumarbeit“, „Trauerarbeit“ und „Beziehungsarbeit“, bekommt aber keinen Cent dafür bezahlt – außer man „arbeitet“ als Therapeutin an Träumen, Trauer und Beziehungen? Die Lösung lautet: Arbeit ist Tätigkeit gegen Geld. Das ist alles. Mit Sinn, Selbstverwirklichung und notwendiger Tätigkeit hat sie primär nichts zu tun.

Gefängnisalltag. Arbeit ähnelt einem Gefängnis. Das zeigt schon die Sprache. Menschen brauchen „Arbeitsplätze“, meint die Politik. Das „Arbeitsamt“ entscheidet über „Arbeitswilligkeit“. Auch ein „Arbeitslager“ funktioniert nicht anders: alle auf ihre Arbeitsplätze und wer nicht willig ist, muss eben fühlen. In der Arbeit tun wir, was andere uns sagen: der Chef, der Abteilungsleiter, die Vorgesetzte. Und wenn wir arbeitslos werden, tun wir wieder, was andere uns sagen: das AMS, der Betreuer.

Wann tun wir eigentlich, was wir wirklich wollen?

Wer definiert Arbeit? Menschen werden durch die Gesellschaft geformt. Die Buschleute der Kalahari leben in egalitären Gruppen ohne fixe Anführer, alles wird geteilt. Wer nicht teilt, sinkt im Ansehen. Andere kann niemand kommandieren. Die Menschen im Kapitalismus leiden dagegen unter einer enormen Ungleichheit. Wer andere kommandieren kann, steigt im Ansehen. Wer teilt, zahlt drauf.

Arbeit wird nicht von den Menschen selbst definiert, sondern von denen, die ihnen „Arbeit geben“. Diejenigen, denen die Firmen gehören, die „Arbeitsplätze schaffen“, sagen, was als Arbeit zählt. Die Firmeneigentümer verteilen damit soziale Anerkennung, sie sagen, wer was zählt. So formt die Arbeit Menschen und gibt ihnen Sinn. Das gilt aber nur in einer „Arbeitsgesellschaft“.

Aber sie haben nicht das letzte Wort. Der Markt bestimmt, was überhaupt als „Arbeit“ gelten kann. Wenn es nicht genug Käufer für ein Produkt gibt, gilt der dafür geleistete Aufwand nicht als „Arbeit“. Wenn eine Firma mit veralteten Maschinen produziert, gilt ihr Aufwand auch nicht als „Arbeit“. Sie geht bankrott und muss so genannte „MitarbeiterInnen“ entlassen. Deren Tätigkeit war so gesehen sinnlos, auch wenn es Menschen gibt, die ihre Produkte eigentlich brauchen würden, aber kein Geld dafür haben, weil sie keinen „Arbeitsplatz besitzen“. Dabei sind die „Arbeitgeber“ eigentlich die „Arbeitnehmer“, diejenigen, die in Wahrheit ihre „Arbeit“ geben, heißen jedoch „Arbeitnehmer“. „Täter“ und „Opfer“ werden in diesen Rollen umgekehrt, der Nehmer erscheint fälschlich als Geber.

Arbeit in der Krise? Arbeit ist die Krise! Ohne Arbeit kein Essen, denn ohne Arbeit kein Geld. Und ohne Geld kein Essen. Die Kette zwischen Arbeit und Geld hält uns gefangen. Wer arbeitet, muss tun, was die uns „Vorgesetzten“ sagen, und die müssen tun, was der Markt bestimmt. Die auf den Markt hin orientierten Firmen jedoch ähneln einer blinden Schar von Lemmingen. Sie laufen dem nach, was gerade Profit verspricht. Und Profit wirft ab, was ihnen mehr einbringt als es ihnen kostet.

In Griechenland beträgt die Arbeitslosigkeit mindestens 25%[1], bei Jugendlichen über 50%[2]. In den krisengeschüttelten USA sind die Arbeitslosenraten traditionell noch stärker geschönt als in Europa. Dass damit nicht die von Lohnarbeit abhängigen Menschen gemeint sind, die keine Arbeit mehr finden, zeigt ein Blick auf die Armutsdaten. Die sind zwar auch geschönt, doch die Zahl derjenigen, die von Lebensmittelkarten leben, lässt sich schwer verheimlichen. 47 Millionen Menschen in den USA sind inzwischen betroffen. Tendenz der letzten Jahre: stark steigend[3]. In etwa so groß ist in den USA die Zahl der Armen laut Statistik: 15% der Bevölkerung, rund 46 Millionen Menschen. Eine Einzelperson gilt freilich erst als „arm“, wenn sie nur mehr über 700 Euro pro Monat verfügt. Viele werden sagen: das geschieht, wenn die Arbeit in die Krise gerät. In Wirklichkeit jedoch ist die Arbeit selbst die Krise. Es wäre genug zu essen da in Griechenland. Es gäbe genug Wohnraum in den USA. Dennoch hungern in diesen Ländern inzwischen viele Menschen. Die Obdachlosigkeit wächst. Diese Krise wird durch die „Arbeitsgesellschaft“ verursacht. Sie zeigt ihr wahres Gesicht: eine Fratze.

Denn produziert wird eben nur auf „Arbeitsplätzen“. Und die gibt es nur, wenn sich eine Firma davon einen Profit erhofft. Den kann sie nur erwarten, wenn es auch eine zahlungsfähige Nachfrage gibt. Die wiederum gibt es nur, wenn es genügend „Arbeitsplätze“ gibt. Und die „Arbeitskosten“, der heute übliche Ausdruck für die Kosten eines Menschenlebens, müssen niedrig sein. Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit sind nur zwei Seiten einer Medaille: der Arbeit.

„Der faule Neger“. Raimer Gronemeyer schrieb ein Buch mit diesem Titel. Darin wird die blutige Geschichte der Arbeit im südlichen Afrika dargestellt. „Arbeit“, so Gronemeyer, gab es in afrikanischen Gesellschaften vor Ankunft der Weißen nicht. Es gab kein Wort dafür, kein Konzept, kein passendes Verhalten. Menschen taten dies und das, manches notwendig, anderes Luxus. Aber niemals „arbeiteten“ sie. Ein solch abstrakter, inhaltsloser Begriff war für sie unverständlich. Erst die weißen Kolonisatoren zeigten ihnen, was „Arbeit“ heißt. Das geschah vor allem über den Zwang, Steuern in der Form von Geld abliefern zu müssen. Auch in diesem Fall zeigt sich also, was Arbeit in Wahrheit ist: die erzwungene und gegen ihren Inhalt gleichgültige Tätigkeit gegen Geld. Nun mussten die Schwarzen plötzlich einfach irgendetwas „arbeiten“, das heißt für die Weißen Profit produzieren, ohne Rücksicht auf ihre eigenen, wirklichen Bedürfnisse.

Arbeit als Wahn. So hehr die Arbeitsideologie auch war und ist, so finster ist ihre Geschichte wie ihre Gegenwart. Über den Toren der NS-Konzentrationslager prangte ein grausames „Arbeit macht frei“. Während die so genannte Erziehungsfunktion der Arbeit Menschen üblicherweise disziplinieren soll, damit sie das scheinbar freiwillig tun, was der Markt und der Firmenchef von ihnen verlangt, wurde sie hier als grausamer Sarkasmus auf die Spitze und bis zur Vernichtung getrieben. Aus „Erziehung durch Arbeit“ und „zur Arbeit“ wurde „Arbeit bis zur Vernichtung“. Der uneingestandene Hass auf die Arbeit drückte sich als Hass auf jene aus, die man nun in den eigenen Augen „endlich zur Arbeit zwang“.

Aufs Abscheulichste verkörperte sich hier der Arbeitswahn des „Volks der Arbeit“: der ÖsterreicherInnen und der Deutschen. Den Zuruf von PassantInnen, „Geht’s doch was Arbeiten“, hört man noch heute immer wieder gegen Demonstrationen gerichtet.

Das reale Leiden an der Arbeit wurde nach Außen projiziert, den Juden, Jüdinnen, Roma, Sinti, und den Menschen mit Behinderungen aufgehalst. Durch ihre Vernichtung wurde versuchte, das eigene Leiden an der Arbeitsgesellschaft aus der Welt zu schaffen.

Der Antisemitismus spielt in der Arbeitsgesellschaft eine besondere Rolle. Er rückt immer dann in den Vordergrund, wenn Menschen das Leiden an der Arbeit nicht mehr aushalten, jedoch nicht dagegen rebellieren, sondern ihr Leiden durch noch mehr Anpassung zu beenden suchen. Das ist die Haltung des autoritären Charakter, den zuerst Erich Fromm und Wilhelm Reich, dann Theodor W. Adorno beschrieben.

Die Juden und Jüdinnen werden als Prinzip der „Nicht-Arbeit“, das die „gute Arbeit“ angeblich beherrscht und aussaugt, halluziniert. Sie sollen die Krise der Arbeitsgesellschaft erklären, ohne dass man die Arbeitsgesellschaft selbst in Frage stellen müsste.

Macht Arbeit autoritär? Der autoritäre Charakter richtet nicht die Wut gegen die Herrschenden, sondern klagt Sündenböcke an. Er solidarisiert sich nicht in Bewegungen gegen die Arbeitsgesellschaft, sondern tut sich als Mob zusammen, der die in seinen Augen „Arbeitsscheuen“ unterdrückt und mordet. Wenn Arbeit ein Herrschaftsverhältnis ist, dann ist es kein Wunder, dass gerade die Arbeitsgesellschaft das Konzentrationslager erfunden hat. Diese Methode der Massendisziplinierung wurde übrigens zuerst in den Kolonien der Weißen eingesetzt.

Das Scheitern der Arbeit. Die Arbeit war nie ein Integrationsmodell, sondern beruhte auf mannigfachen Ausschlüssen. Zuerst mussten Menschen vom Zugang zu den Produktionsmitteln ausgeschlossen werden: Boden, Werkzeug und Maschinen. Zugleich schloss man die Frauen aus, den die Entstehung des „Arbeitsmannes“ als Inbegriff von „Arbeitsstolz“, „Arbeitskraft“ und „Arbeitsdisziplin“ brachte die Psyche so in Ungleichgewicht, dass sie die nun abgespaltenen Anteile in ein Außen projizieren musste und dort – ähnlich wie der Antisemitismus – bekämpfte. Das Patriarchat der Arbeitsgesellschaft gesteht Frauen tatsächlich eine geringere Rolle in der Gesellschaft zu als noch das Patriarchat des Feudalismus – allem Gender Mainstreaming zum Trotz. Damit musste die Arbeit auch das ausschließen, was sie nicht vollends in sich aufsaugen konnte: die Phasen der Erholung von der Arbeit. Mit der Arbeit entstand die „Freizeit“ – die Gefangenen der Arbeit sind in dieser Zeit auf Freigang, der selbst häufig einer Art von Arbeit ähnelt, wenn man sich hektische Urlaubsfahrten, Konsumstress und den familiären Geschenkwettlauf ansieht.

Die Arbeit beruht nicht nur auf Ausschluss, sie verunmöglicht auch reale Teilhabe. An der Arbeitsgesellschaft können Menschen ja nicht als Menschen teilhaben, sondern nur als „Besitzer“ von „Arbeitsplätzen“. Teil an der Arbeitsgesellschaft hat lediglich die „Arbeitskraft“. Und das auch nur, solange sie am Arbeitsmarkt verkauft werden kann.

Deshalb scheitert die Arbeit auch als Vehikel zur Verbesserung der Lebenssituation im globalen Süden. In weiten Teilen Afrikas gibt es ohnehin trotz Kolonialismus, post-kolonialer Modernisierung und rund drei Jahrzehnten Neoliberalismus kaum „Arbeit“. Lohnabhängige machen im Schnitt nur etwa 20% der Gesamtbevölkerung der Länder im südlichen Afrika aus. Versuche aus Bäuerinnen und Bauern Lohnabhängige zu machen, sind im Großen und Ganzen gescheitert. Dort wo es eine Arbeitsgesellschaft gibt, wie in Südafrika, setzte sie eine jahrzehntelange Geschichte der Unterdrückung und Enteignung voraus. „Arbeitsplätze“ werden nur geschaffen, wenn Profit produziert wird. Arbeit setzt Profit voraus und damit Wirtschaftswachstum. Wirtschaftswachstum wird als wachsender Wert des Gesamtprodukts eines Landes gemessen. Dieser Wert wächst nur, wenn auch das Kapital wächst, das in die Produktion investiert worden ist. Wirtschaftswachstum geht daher auf Kapitalwachstum zurück, auf Investitionen, die einen Profit abwerfen, weil sie „Arbeitskraft“ vernutzen. Wirtschaftswachstum geht längerfristig und global gesehen mit wachsendem Ressourcenverbrauch einher. Dieses Modell hatte nie eine Zukunft. Es führt heute zu immer stärker zunehmenden Konflikten, zu Verelendung im Weltmaßstab und auch in vormals reichen Ländern.

Perspektiven des Tuns. Kann Arbeit also eine Perspektive zur Arbeitslosigkeit bieten? Ist „Vollbeschäftigung“ eine Alternative zur Krise? Ist sie möglich? Und vor allem: Ist sie überhaupt wünschenswert? Diese Fragen sollen gestellt werden. Doch welche Perspektiven bieten sich jenseits der Arbeit konkret? Und wo gibt es Ansatzpunkte im Hier und Heute dafür?

Viele Menschen diskutieren inzwischen Solidarische Ökonomie als einen solchen Ansatzpunkt. Ähnlich ist die Perspektive der Gemeingüter, so genannter Commons. Dabei arbeiten Menschen auf gleicher Augenhöhe zusammen, in einer Fabrik, auf dem Acker, im täglichen Leben, bei der Betreuung von Kindern, beim Lernen. Lohnarbeit gibt es dann keine mehr, weil alle über ihr Tun gleichermaßen entscheiden können.

Allerdings ist die gemeinsame selbstbestimmte Tätigkeit in einem Betrieb oder Projekt, solange man nach wie vor auf einem Markt gegen andere konkurrieren muss, nur eine halbe Sache. Der Markt setzt Zwänge, die das Leben unnötig schwer machen. Der Mensch bleibt zweitrangig, zuerst zählen das Portemonnaie oder Konto. Solidarische Ökonomien im eigentlichen Sinn zielen daher auf die Überwindung nicht nur der Lohnarbeit, sondern auch der Marktwirtschaft. Das gelingt freilich bislang nur selten. Beispiele aber gibt es, so etwa die kostenlose Versorgung mit Lebensmitteln, die von den „Diggers“ im Hippieviertel in San Francisco in den 1960er Jahren organisiert worden ist. Freie Software oder Wikipedia sind Beispiele auf globalem Niveau.

Doch wie verbinden sich solche Ansätze mit dem Konzept eines Bedingungslosen Grundeinkommens? Würde es die Arbeit zurückdrängen und ein In-Freiheit-Tätigsein ermöglichen? Und wie steht es um das Gesundheitswesen, Wohnen, Unterricht und Transport? Soll das alles individuell bezahlt werden oder wäre eine soziale Infrastruktur besser?

Wer arbeitet dann noch? Würde dann noch jemand „arbeiten“, wird oft gefragt. Man könnte darauf mit einer Frage antworten: Was wäre daran schlimm? Ist es nicht erstaunlich, wie sehr die Menschen nach Selbstverwirklichung streben, sodass sie sogar in an sich sinnlosen Tätigkeiten wie dem Sitzen an einer Kassa, der Erzeugung unnötiger Materialien oder in der Werbebranche vielfach Sinn finden?

Um wieviel eher würden wir Sinnvolles und Notwendiges gerne oder jedenfalls in freier Absprache tun, wenn soziale Anerkennung wirklich vom Tun abhängt, und nicht von Arbeit.

Wir und die Arbeit. All diese Fragen werden dann politisch wirklich relevant, wenn wir sie auch auf unser eigenes Leben beziehen. Widerstand gegen die Arbeit entsteht dort, wo Menschen sich selbst ernster zu nehmen beginnen. Wo stehe ich selbst in meinem Leben? Entspricht Arbeit dem, was ich wirklich tun will? Oder biege ich mir mich selbst zurecht, damit ich nicht anecke? Mache ich Dienst nach Vorschrift? Muss ich mir einreden, dass mir mein Job Spaß macht? Und wenn nicht, was will ich dann, was fehlt mir dafür? Welche Ängste lösen Arbeit und Arbeitslosigkeit bei mir aus? Wie geht es mir als Mutter, als Teilzeitbeschäftiger, als Arbeitslose mit der „Arbeit“?

Fußnoten:

[1] r http://diepresse.com/ zurück zum Text

[2] r http://www.griechenland-blog.gr/ zurück zum Text

[3] r http://www.querschuesse.de/ zurück zum Text

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Herbert, 2013-02-22, Nr. 5872

Irgendwo habe ich einmal gehört, dass der Sinn der Arbeit ist, die Arbeit überflüssig werden zu lassen. Arbeiten und etwas tun, was für ein Unterschied! Ich bin auch dafür, den Arbeitsbegriff neu zu definieren. Vielleicht passt mein Ansatz über Produzenten zum Thema:


Produzenten und Konsumenten

Als sich gestern Abend meine Katze an mich schmiegte und sich streicheln ließ, erlebte ich ein kleines Machtgefühl. Ich war kurze Zeit Herr über die Natur, über die Tiernatur, die sich von mir manipulieren ließ. Ich konnte eine zufriedene Beziehung zur Mitwelt herstellen. Ich war Produzent einer Stimmung. Aber bald verflog die Idylle und ich konnte wieder anderen Gedanken nachhängen. Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Tiere stellen nichts Unnützes her und Tiere erkennen das Schöne nicht. Tiere sind nur praktisch veranlagt, sie gehen ganz im Tun oder Lassen auf. Menschen haben noch andere Vermögen.

Mein Freund H. Rieser teilte die Menschen in Konsumenten und Produzenten ein. Rieser schrieb etliche Bücher, war ständig auf der Suche, blieb ziemlich frei im Denken. Er mischte sich ein und hatte aber auch Feindbilder, die ihn verfolgten.
Wer sind die Konsumenten. Wir alle, die wir allzu gern in die Regale greifen und uns bedienen lassen. Aber in eine richtig befriedigte Stimmung geraten wir erst dann, wenn wir als Produzenten selber etwas hergestellt haben. Wenn wir ein Produkt als einen Teil von uns vor uns hinstellen, uns von diesem Teil aus uns heraus trennen, uns teilen, uns vermehren, fühlen wir uns gut.

Angefangen hat es damit, dass man sein erstes bewusst wahrgenommenes Produkt so wunderbar gefunden hat. Kot vielleicht. Das habe ich gemacht! Wie sehr habe ich an „meinem“ Polster festgehalten, wie beharrlich „meine“ Decke verteidigt. Dabei bleibt es aber nicht. Wir verwandeln die Welt. Adorno meint, „ein Kunstwerk machen, heißt ein Ding machen, von dem wir nicht wissen, was es ist. Kunst trachtet, das Stumme in der Natur zum Sprechen zu bringen. Daß die Kunstwerke da sind, deutet darauf, daß das Nichtseiende sein könnte. Die Wirklichkeit der Kunstwerke zeugt für die Möglichkeit des Möglichen. Kunstwerke sagen, was mehr ist als das Seiende“(Vgl. Evelin E. Klein, Einführung in die Ästhetik,Wien 1987)

Wenn das Kind sich aus der Dyade mit der Mutter zu lösen beginnt, sucht es ein so genanntes Übergangsobjekt. Es kann ein Stofftier, ein Polster, eine Decke oder irgendetwas anderes sein. Winnicott (Winnicott, Vom Spiel zur Kreativität, 1973) spricht diesem Übergangsobjekt eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des Kindes zu.
Mit Übergangsphänomene oder Übergangsobjekte bezeichnet er den Erlebnis- und Erfahrungsbereich des Kindes zwischen der ersten schöpferischen Aktivität und dem bereits vorhandenen Wissen. Es ist ein unbewusstes Herausgreifen in die Welt oder ein Hereinnehmen der Welt in kleinsten Schritten außerhalb der Mutterbeziehung, die das Kind als Selbstheit wahrnimmt. Diese Übergangsphänomene treten zur Abwehr gegen Ängste z. B. zur Zeit des Einschlafens auf. Das Übergangsobjekt hält Liebe wie Hass aus und wird auch beschützt wie ein wertvoller Besitz. In der Beziehung zum Übergangsobjekt gelangt das Kind von der magischen Kontrolle zur Kontrolle durch Manipulation. Im Laufe der Zeit verliert das Übergangsobjekt seine Bedeutung. Das Kind wird fähig zur Objektbeziehung. Es fängt an zu spielen.
Auf der Grundlage des Spielens baut die gesamte menschliche Erfahrungswelt auf. Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" (Friedrich Schiller, "Die ästhetische Erziehung des Menschen").

Das Spannungsfeld zwischen Kleinkind und Mutter, zwischen Kind und Familie, zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft oder der Welt hängt von Erfahrungen ab, die Vertrauen schaffen. Wie verhalten sich Mutter und Umwelt zum Kind?
Kulturelles Erleben beginnt mit dem Spielen. Aus dem Spiel entwickeln sich unter anderem Handwerk und Kunst. Kunstwerke selbst können wiederum Übergangsobjekte, können Schnittstellen zwischen Einzelnen und der Welt werden.

Ob Malen , Basteln, Tanzen oder Musizieren: Sich künstlerisch zu betätigen, wirkt sich positiv auf den Gemütszustand aus und kann ungeahnte innere Kräfte freisetzen. Und dabei braucht man wenig Worte.

Schon von steinzeitlichen Höhlenmalerei meint man, dass dort Wünsche, Personen, Tiere oder auch Dämonen an die Wand gemalt wurden, um so Kontrolle über sie zu erlangen.

Das Bild als Tor zum Unbewussten setzt zuerst C. G. Jung in seiner Psychotherapie ein. Gestalttherapeuten folgen. Heute verzeichnet auch die Kunsttherapie gute Erfolge, um Leid zu lindern.
Vergessene Handlungsabläufe, die für das ganze Leben im Gehirn gespeichert sind, werden bei kreativer Tätigkeit wieder aktiviert. Durch motorische und sensorische Stimulation können Beweglichkeit erhöht, Wahrnehmung gestärkt und Erinnerungen wieder zugänglich gemacht werden. So können Gehirnfunktionen gezielt trainiert und gestärkt werden.
Künstlerische Aktivität hat eine befreiende und konzentrationsfördernde Wirkung und führt oft zur Selbstheilung. Wo neue Ausdrucksmöglichkeiten entstehen, wächst die Fähigkeit bisher Unbewusstes, Abgespaltenes oder Verdrängtes zu integrieren. Neue Bewältigungsformen und Lösungsstrategien werden gefunden. Der „bildnerische Prozess“ wirkt an sich selbsttherapeutisch, weil er selbstformende, selbstregulierende, integrierende und harmonisierende Prozesse fördern und initiieren kann.
Kreativ sein bedeutet, die Lebensgestaltung und Lebensbewältigung mitzubestimmen und seelische Ausgeglichenheit zu gewinnen. Durch Psychohygiene hält man sich gesünder. Vielleicht gleitet man in einen glücklichen Flow-Zustand.

Viktor, 2013-02-26, Nr. 5883

Es ist wie ein gigantischer Morast und alle stecken darin fest.

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