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2011-05-11

Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung holen: Abschied von Maria Peskoller

Anlässlich der r Gedenkveranstaltung, die am Donnerstag, den 12. Mai um 17.00 Uhr beim Denkmal der Namen in der Widmanngasse stattfinden wird, werden Kevin Pacher und Raphael Seher (beide Mitglied der Christlich-Katholischen Studentenverbindung Tauriskia Villach) sowie r Julija Izmajlova und r Felix Strasser vom Theaterprojekt r VADA den folgenden Text lesen.

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Sprecher F

Die alljährlichen Gedenkfeiern des Vereins Erinnern stehen immer im Zeichen von Menschen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden. Heuer gilt unser Gedenken der Kommunistin Maria Peskoller, die zusammen mit anderen Villacherinnen und Villachern wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu Tode verurteilt und am 23. Dezember 1944 in Graz geköpft wurde.

Peter Turrini hatte einmal in einem Interview zu den Opfern der Nazi-Zeit gemeint: „Das ganze Ausmaß des Grauens muss anhand von Einzelschicksalen sichtbar gemacht werden. Man muss der Verzweiflung Namen und Gesicht geben.“

In diesem Sinne möchten wir heute Maria Peskoller in den Mittelpunkt unserer Erinnerung stellen.

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Sprecher R

21. Dezember 1944! Urteilsverkündigung am Landesgericht Klagenfurt durch Roland Freisler „Im Namen des Deutschen Volkes" !

„Der Tischler Josef Ribitsch aus Klagenfurt, der Hilfsarbeiter Heinrich Brunner aus Seebach bei Villach , der Buchdruckermeister Erich Ranacher aus Lienz, der Maurerpolier Valentin Clementin aus Seebach bei Villach, der Hilfsarbeiter Milan Jelič aus St. Ruprecht bei Villach, die Ehefrau Margarete Jessernigg aus Villach, die Ehefrau Rosa Eberhard aus Villach-Lind, und die Hausfrau Maria Peskoller aus Villach Sie alle haben sich volksverräterisch zu Handlangern unserer Kriegsfeinde gemacht. Für immer ehrlos werden sie mit dem Tode bestraft“.

Zwei Tage später, am 23. Dezember 1944, fiel das Fallbeil im Landesgericht Graz und acht österreichische Patrioten, die im Widerstand gegen Hitler standen, lebten nicht mehr.

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Sprecher K

Maria Peskoller ist im Jahre 1902 in Görtschach in Osttirol zur Welt gekommen. Sie entstammte einer konservativen bäuerlichen Familie. Der sonntägliche Kirchgang war ein fester Bestandteil ihrer Kindheit und Jugend. Mit 25 Jahren heiratete sie Josef Peskoller, mit dem sie zwei Kinder hatte. Helga, geboren 1928 und Roswitha geboren 1932. Zu Beginn der 1930er Jahre trat sie politisch noch nicht in Erscheinung. Sie unterstützte zwar die politischen Anliegen ihres Mannes, aber ihr Hauptaugenmerk galt der Familie und der Erziehung ihrer beiden Töchter. Im Jahre 1932 übersiedelte die Familie von Lienz nach Villach. Zwei Jahre später, im Jahre 1934, erlebte die Familie durch die Machtübernahme der Austrofaschisten mit Engelbert Dollfuß an der Spitze die ersten drastischen Einschnitte:

Für ihren Mann Josef begann nun, aufgrund seiner exponierten Stellung als langjähriger sozialdemokratischer Personalvertreter, eine elfjährige Phase von Verfolgung, Repression und Illegalität. Als bekannter „Roter“ wurde er bei den österreichischen Bundesbahnen bereits 1934 entlassen. Maria Peskoller hielt die Familie inzwischen mit Haushalts- und Schneiderarbeiten über Wasser. Im Februar 1942 wurde Josef Peskoller zu einer 20-monatigen Haftstrafe verurteilt und im Sommer 1944 fiel Josef Peskoller einer groß angelegten Verhaftungswelle durch die Gestapo zum Opfer und blieb bis zu Kriegsende in Klagenfurt in Haft.

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Sprecherin J

In diesen Jahren entwickelte sich Maria Peskoller zu einer herausragenden Persönlichkeit des Villacher Widerstandes. Sie unterhielt ein vielfältiges politisches Kontaktnetz, das von den Partisanen in Leoben-Donawitz über die kärntnerslowenischen Partisanen, über entflohene Zwangsarbeiter bis hin zu den Widerstandszellen innerhalb der Deutschen Reichsbahn reichte. Im Sommer 1944 begann die Gruppe um Maria Peskoller mit dem Aufbau einer Partisanengruppe im Raum Villach. Dass es überhaupt zur Bildung einer kämpfenden, im Wald lebenden Partisanengruppe kommen konnte war auf die Kontakte von Maria Peskoller zu verschiedenen entflohenen Zwangsarbeitern und Deserteuren im Raum Villach zurückzuführen. Mit Hilfe dieses Verbindungsnetzes wurden im Frühherbst 1944 mehrere Deserteure, Wehrdienstverweigerer und entflohene Zwangsarbeiter in den Wald geschleust. Diese bildeten eine in den Wäldern lebende Partisanengruppe, die durch kleinere Sabotageakte und Anschläge das lokale NS-System destabilisierte.

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Sprecher R

die Partisanengruppe lebte in abgeschiedenen und selbstgebauten Waldbunkern in der Umgebung von Villach. Ihr Aktionsradius erstreckte sich auf einen Teil des Drautales rund um Kellerberg sowie auf das Gegendtal. Aktenkundig belegt sind Aktionen in den Ortschaften Winklern, Wernberg, Treffen, Niederdorf, Kras, Köttwein, Puch, Unterwollanig, Verditz und Arriach. Die scharfe Verfolgung durch Landwacht, Gendarmerie und Gestapo ließ nur wenig Spielraum für größere, militärische Aktionen. Der Erfolg dieser kleinen Partisanengruppe zeigte sich weniger in ihrer militärischen Schlagkraft, als vielmehr in psychologischer Hinsicht und der damit verbundenen Destabilisierung des Systems. Die Gruppe führte innerhalb kürzester Zeit zu einer tiefen Verunsicherung im lokalen Machtgefüge der Nazis.

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Sprecher K

Mitte November 1944 gelang es der Gestapo die gesamte Gruppe festzunehmen. Betroffen davon war sowohl der Kern der bewaffneten Partisanengruppe als auch das Netzwerk, das ihnen Unterstützung und Hilfe gewährte.

Maria Peskoller wurde mit ihrer 16-jährigen Tochter Helga vorerst im Gestapogefängnis in Villach inhaftiert. Nach einiger Zeit wurden beide in das Landesgerichtsgefängnis nach Klagenfurt überstellt.

Der Prozess gegen die Treffner Partisaninnen und Partisanen fand am 17. und 18. November unter dem Vorsitz von Roland Freisler statt. Am 21. Dezember 1944 wurde das Urteil verkündet und am nächsten Tag wurden die Verurteilten nach Graz überstellt.

Eine Gefängnisaufseherin ermöglichte Maria Peskoller noch ein letztes Zusammentreffen mit ihrer Tochter Helga.

Maria Peskoller wurde am 23. Dezember 1944 im Landesgericht Graz hingerichtet. Die Ermordete wurde am Grazer Zentralfriedhof verscharrt. Die genaue Grabstelle der Hingerichteten konnte nie gefunden werden.

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Sprecherin J

Maria Peskoller hinterließ zwei Kinder: Helga und Roswitha, ihren Mann Josef und einen Abschiedsbrief den sie zwei Stunden vor ihrer Hinrichtung schreiben durfte

„Mein lieber Mann und Kinder!

Jetzt muß ich Euch benachrichtigen, daß mein Todesurteil vollstreckt wird. Bitte schau mir auf die Kinder, daß aus die Kinder anständige Menschen werden. Der letzte Gedanke ist bei Euch. Wie ich mich mit Helga verabschiedete, hab ich mir das nicht gedacht. Von dir Sepp konnte ich mich nicht mehr verabschieden. Ich habe nichts verbrochen, habe als anständige Mutter gelebt und auf die Kinder und auf Dich geschaut. […] Die Kinder sollen alles teilen, der Ring gehört Helga als Geburtstagsgeschenk zum 16. Geburtstag. Ich bitte dich noch mal schau auf die Kinder, vielleicht bekommst die Tatschl Paula als Wirtschafterin. […] Meine liebsten Kinder! Heute schreibe ich Euch die letzten Zeilen. Wir müssen uns für immer trennen. Ihr wißt ja wie ich zu Euch war, immer das beste, ich bitte Euch noch mal werdet anständige Menschen, so wie ich es war. Kinder hilft zusammen und tut ja nie zanken. Geht zusammen sobald die Helga heimkommt. Die Armbanduhr gehört Roswitha. Tante Anny auch recht schöne Grüße. Bitte schau, daß die Kinder was zum anziehen haben. Es wird wohl etwas Stoff sein in der Wohnung. […] Also meine Lieben alle, jetzt geht der Brief zu Ende, auch mein Leben. Mein liebster Sepp, Helga und Roswitha viele 1000 Bussi, meinem Mann viele viele 1000 Bussi und Grüße an meine Kinder.“

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Sprecher F

Am 25. Jänner 1985 wurde in einer Entschließung des Deutschen Bundestags der Volksgerichtshof einstimmig als „Terrorinstrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Willkürherrschaft“ bewertet. Den Urteilen wurde dabei jede Rechtswirkung abgesprochen.

In Österreich ließ die offizielle Rehabilitierung von Deserteuren und Opfern der NS-Unrechtsjustiz weitere 24 Jahre auf sich warten. Erst im Oktober des Jahres 2009 stimmte der Nationalrat einem Gesetzesantrag zur Rehabilitierung von Deserteuren und Opfern der NS-Unrechtsjustiz zu. Damit dauerte es in Österreich 64 Jahre, bis sich die Zweite Republik durchringen konnte, den Opfern der NS-Unrechtsjustiz die ihnen gebührende Achtung und offizielle Rehabilitierung zuzuerkennen.

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Quellen:

Max Muchitsch, Die Rote Stafette S. 164, 165, 167, 168, 169.

Zahlreiche Gespräche mit der Tochter Helga Emperger

Lisa Rettl und Jenny Gand, Wilde Minze, ein Dokumentarfilm, www.wildeminze.at.

A. Walzl, Gegen den Nationalsozialismus S.251.

M. Kofler, Abriss der Zeitgeschichte Osttirols S. 35, 36.

KLA LG Strafakten / Sch 257, Vr 2831/46.

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