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Walther Schütz

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2009-04-27

1 Kirchenbeitrag = 2 Landminen = 1 Zwanzigstel Sturmgewehr

Über das Verschwinden von Vielfalt, Buntheit und Leben im Tauschwert

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Da sitz ich am Sonntag Vormittag und versuche Ordnung in das Brief-, Rechnungs- und Zusendungschaos zu bringen, das sich wie üblich bei uns unter der Woche angesammelt hat. Und siehe da, auch der Erlagschein für den Kirchenbeitrag 2009 ist dabei. Eh klar, die Kirche braucht auch ihr Geld, denn das Reich der Liebe ist fern, und im kapitalistischen Hier und Jetzt brauchen die halt auch ihr Geld.

Doch dann fällt mein Auge auf den „Beipackzettel":

Zum Vergrößern anklicken!
Beilage zum Erlagschein für den Kichenbeitrag 2009

Dass die Evangelische Kirche in einer Gesellschaft, die auf Geld beruht, auch Geld braucht, ist mir, wie gesagt, klar. Und dass man mit den Leuten in einer Sprache zu kommunizieren versucht, die diese auch verstehen, ist auch verständlich. Aber hier geht die Kirche einen ganz entscheidenden Schritt weiter:

Im Gleichsetzen von Vielfalt, Buntheit und Leben mit dem Geld und dem (Tausch-)Wert tragen die Kirchenbeitragseintreiber aktiv zur Verschleierung der Verhältnisse bei!

  • Geld (als Ausdruck des Prinzips Äquivalententausch) kennt keine Buntheit, keine Qualität, kein Leben, sondern nur ein Mehr und Mehr und Mehr ..., also nur Quantität!
  • Geld (als Ausdruck des Prinzips Äquivalententausch) ist das Gegenteil von Geschwisterlichkeit, sondern das Prinzip heißt „Ich gebe dir, wenn du mir etwas von gleichem Wert gibst" (und wennst nichts hast, dann kannst verrecken!)
  • Geld (als Ausdruck des Prinzips Äquivalententausch) ist das Gegenteil von Miteinander. Mit Geld untrennbar verbunden ist Produktion für den Markt, also in Konkurrenz zueinander

Liebe Freunde und Freundinnen von der Evangelischen Kirche!

Dass wir mit dem Problem zu kämpfen haben, dass wir keine „Wirtschaft im Dienst des Lebens" haben, sondern es mit einem lebensverachtenden Wirtschaftsprinzip zu tun haben, das ist nicht Folge des Missbrauchs der herrschenden Prinzipien, sondern Ergebnis genau dieses Formprinzips der kapitalistischen Gesellschaft. Das haben schon diejenigen geahnt, die die Geschichte des →  König Midas erzählten.

Und quasi die Negation der lebensverachtenden Wirkung des Äquivalententauschs (und damit die Bejahung des Lebens) ist ja im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matthäus 20) enthalten: Jeder erhält das, was er braucht, auch wenn er weniger beigetragen hat! Jesus pfeift damit auf das Prinzip „Gerechtigkeit", welches sich so als die Moral des Äquivalententauschs demaskiert und doch so von den Kirchen hochgejubelt wird. (Übrigens ganz ähnlich verhält es sich bei klassisch linken Bewegungen: Auch die Beklagen immer die Ungerechtigkeit und pfeifen damit auf ihren Vordenker Marx mit seiner Kernaussage „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" bzw. „Jede nach ihren Fähigkeiten, jede nach ihren Bedürfnissen!")

Nicht die falsche Verwendung des Geldes und seine Verteilung ist das Kernproblem, sondern eine Gesellschaft, die über das Medium Geld funktioniert. DAS wäre zu thematisieren anstatt den Leuten mit dem Geldwert der Kirche das Gehirn noch weiter zu vernebeln!

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Zum Weiterlesen

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diana, 2009-04-27, Nr. 4456

geld ist nur ein abstraktes mittel. es ist nur das endprodukt einer sehr sehr langen entwicklung. am ende steht die aufwertung der menschlichen gefühle durch zBsp. geld.
vielfältig, bunt und lebendig werden plötzlich in die exklusivität erhoben!

weniger seltene leistungen oder materielle dinge werden zBsp. mit geld aufgewertet. es geht also um die begehrlichkeit von exklusiven und seltenen dinge. der besitzt von solchen gegenständen verleiht exklusivität.
interessant finde ich, dass gefühle exklusiv geworden sind. warum?

toiletten nicht selber putzen zu müssen birgt auch exklusives in sich. ich/oder ein gruppe kann es sich leisten, diese schmutzige/ekelige(!) tätigkeit in die hände andere zu übergeben. niemand will mit seiner eigenen scheisse zu tun haben. dieses antrainierte verhalten beginnt schon im kleinkindalter und endete bei der erfindung der klospülung! es ist nichts anderes als zBsp. das kastenwesen in indien. die unberührbaren übernehmen die dreckigsten arbeiten, es gibt kein entkommen, da die geburt alles bestimmt. da finde ich das westliche kastenwesen ja noch unheimlicher, wir sind sozusagen noch eine stufe (kaste) tiefer gerutscht, wir machen ALLES für geld. lieb und teuer gehen hand in hand.
es geht auch um begehrliche privilegien. exklusive gegenstände eine yacht zBsp. transportieren was „besonderes und seltenes und sicheres“. ein sicheres auto oder haus vermitteln ein sicheres gefühl...
um die mechanismen des materialismus begreifen zu können müssen wir erforschen, was uns eigentlich zufrieden macht - glücklich macht - sinnhaftigkeit vermittelt – sicherheit und halt gibt. begriffe also mit denen in unserer gesellschaft umher geworfen wird, ohne große ahnung was diese begriffe eigentlich wirklich bedeuten. ein reicher mensch, welcher glaubt, glücklich zu sein, oder macht zu transportieren mit dem besitz eines porsches, bedeutet ja noch lange nicht, dass alle reichen menschen so fühlen und denken. es gibt ja durchaus auch geldreiche menschen, welche nicht die notwendigkeit sehen, sich mit exklusiven dingen exklusiv fühlen zu müssen. es würde also bedeuten, dass es sehr wohl um den mensch an sich geht, es ist also nur bedingt ein „massenphänomen“ des bösen „kapitalimus“.

disco music, 2009-04-27, Nr. 4459

ich finde es geradezu gewinnend: „gefühle“ mit „exklusivität“ in verbindung zu bringe: wer ist überhaupt fähig zu empfinden?
wir sind rastlose unserer lust,
rastlose fast food user.

haschen,
einverleiben
und ausspucken

inwiefern sind wir in der lage die geheimnisse des anderen oder besser ein anderes wesen zu ergründen?
wann empfinden wir - wenn wir innerlich zerrissen sind?
am ende siegt immer die unvernunft, oder?
man sollte es nicht unbedingt aus rein analytischer sicht betrachten, nein.


helge, don`t be so mean, be nice... aber da entsteht keine reibung, gell!

mimenda, 2009-04-28, Nr. 4460

lieber walther,
schreib doch mal an deinen kirchenoberen, er soll den slogan ändern in: "mit gold nicht aufzuwiegen" :-)

helge, 2009-04-28, Nr. 4462

Aus den lichten Höhen der Evangelischen Pfarre über Walter Schütz's Kapitalismuskritik bis zu diesem tiefen Blick in die Scheiße: sehr faszinierend!
Selbst wenn jemand meint, das ist nicht "nice", es geht noch ein Stück tiefer:

Mary Barnes: Meine Reise durch den Wahnsinn - Aufgezeichnet von Mary Barnes und kommentiert von ihrem Psychiater Joseph Berke. Fischer Verlag. 1986.

Beschrieben wird aus Patientenperspektive das radikale Anti-Psychiatrieexperiment 'Kingsley Hall' im London der 60er Jahre. Mary Barnes kam nach einer langjährigen konventionellen Behandlung wegen 'Schizophrenie' hierher und hat nach ihrer Genesung mehrere Jahrzente lang als erfolgreiche bildende Künstlerin gelebt. Barnes konnte sich in Kingsley Hall im (Einzel)-Zimmer, das sie bewohnte, in jeder beliebigen Form mit ihrer Scheiße beschäftigten. Diese Zeit war nicht die glücklichste in ihrem Leben, aber es konnte/sollte/durfte eine Zeit lang so sein. Es schnuppern ja auch die Hunde und viele andere Tiere an ihrer Scheiße herum. An manchen Tagen hat Mary Barnes alle Wände ihres Zimmers mit Kot bemalt. Dabei hat sie u.a. ihre Liebe zur Malerie entdeckt.

Walther Schütz, 2009-04-29, Nr. 4463

Lieber Helge!

Zunächst: So wie auch den anderen, die zu Beiträge ihre Meinung äußern, herzlichen Dank!

Zu deiner konkreten Reaktion habe ich aber eine Frage:
Ich versteh ganz einfach nicht, was du damit sagen willst, könntest du in einfachen Worten sagen, was du meinst?

Danke im Voraus, Walther

helge, 2009-04-29, Nr. 4466

Hallo Walter. In einfachen Worten:
Für mein Empfinden zeichnet der obige Textverlauf einen sehr interessanten Assoziationsstrom nach, den ich mit einem Beitrag zu ergänzen versucht hab.

Und etwas ausführlicher:
Zuerst und zuoberst ist da die Kirche, die, etwa in ihrer katholischen Variante, allen Widerständen zum Trotz eine feste Verankerung des menschlichen Daseins jenseits von allem Irdischen in einem wie auch immer beschaffenen Himmlisch-Göttlichen Konzept behauptet. (Bei den Evangelischen kenn ich mich weniger aus, aber zumindest "das Wort" ist ja auch hier in irgendeiner Form "von Gott"). Als nächstes folgt die kritische Reflexion aufs Geld und das utopische und trotzdem nicht ganz jenseitige Marx-Zitat: ein zentrales Stück aus jenem "materialistischen" Diskurs, der vieles wieder (oder auch erstmals) ins Gespräch bringt, das in den voran gegangenen 1000 Jahren europäischen Christentums nicht diskursfähig war. Als drittes dann die Diana: sie assoziiert u.a. über ein sehr konsequentes Aus- und Abgegrenztes, ein "ganz-Anderes", das in unserem (auch in meinem) Leben keinen anderen Platz hat als den, von wo aus es in eine Art Unterwelt verschwindet, nämlich im Kanalsystem. Vor dem Hintergrund meiner persönlichen Lektüre- und sonstigen Erfahrung war somit der Impuls an das oben zitierte Buch von Mary Barnes zu erinnern sozusagen nur logisch, denn
a) dieses Buch zeigt etwas von einer Zeit, den 60er Jahren, die aus heutiger Sicht fast schon etwas "ganz-Anderes" sind;
b) es dokumentiert einen Versuch eine gesellschaftliche Institution (Psychiatrie) "ganz Anders" zu gestalten und dabei ein normalerweise ganz und gar Abgegrenztes, Ausgeschiedenes selbst dort auszuhalten, wo es in einer überwiegend widerlich erscheinenden Form daher kommt.

Dazu kommt, dass ich vor einigen Jahren die Möglichkeit hatte in diversen Psychiatrien Krankengeschichten von Patient/innen zu studieren, die in den zwanziger, dreißiger und vierziger Jahren dort untergebracht und fallweise auch in sogenannten "Isolierzellen" eingesperrt waren. In diesen Zellen wurden "Erregte" zumeist tagelang, manchmal auch wochenlang in einer Umgebung gehalten, die von kahlen Wänden sowie mit Stroh ausgelegten Fußböden gekennzeichnet war. Die in dieser Weise völlig auf sich zurückgeworfen Internierten fingen nicht selten an mit sich, manchmal auch mit ihrem eigenen Kot, herum zu spielen. Die in einigen Krankengeschichten sehr präzisen Beschreibungen ihres Verhaltens lassen darauf schließen, dass zumindest kurzfristig derartige Spiele, einschließlich jener mit Kot, nicht nur sehr intensiv sondern auch als sehr lustvoll erlebt werden konnten, was freilich nichts an der extremen Grausamkeit dieser Maßnahmen ändert, denn qualvolle Angst-, Entsetzens-und Scherzschreie, stundenlanges Weinen usw. war der überwiegende affektive Ausdruck …. Schon seit Jahren möchte, sollte, müsste ich über diese und einige weitere Archiv-Funde ausführlich und tatsächlich schreiben, und tu's nicht …

… So hat halt jeder seine Themen - und Probleme damit. Mein Beitrag war jedenfalls als sinnvolle Ergänzung zu Kirchenprospekt und Kapitalismuskritik gedacht.

Schönen Gruß
Helge

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