2003-02-22
Die blaue Wand - Teil III
Sie beherrschte die Deutsche Sprache in kindhafter Weise, verstand nicht die Worte des
Arztes : " Du sein gfüllt!" "Ha, ha ha...."
Sally, die Frau des Onkels, der sie aus dem Elend daheim, in Krain, heraus nahm, ihrem
unbedingten Bitten und Flehen, das ihn gnädig stimmte, dem jungen Körper und den
erwartungsvollen Augen nicht widerstehen könnend; sie sich erstmals in den Zug setzte ohne
groß Abschied zu nehmen, von der Mutter, den jüngeren Schwestern, die ihr ohnehin wie
Mühlsteine am Halse hingen oder der älteren, die sie schlug und ihr die Bücher, die sie
vom Pfarrer geschenkt bekam, die eine Welt zeigten, die sie, koste was es wolle,
kennenlernen wollte, die sie mit dem trüben trostlosen Hausen eintauschen wollte, wegnahm,
der Mutter zeigte, die sie dafür bestrafte, ihr noch mehr Arbeit auftrug, sie schlug, weil
der Bruder des Onkels Schlechtes von ihr erzählte, obwohl sie dieses ekelhaft steife Glied
aus dem der Saft strömte mit dem Geruch und Geschmack verdorbenen Kuchens, den sie trank,
während die anderen in der Kirche weilten, zu Maria der schmerzhaften Muttergottes beteten,
sich ihre vollen weißen Brüste beklopften, die Schuld eingestanden und dankbar den
Rosenkranz beteten, der mit süßer Wohltat ihrer Seelen füllte, kurz ihre Herzen
aufschluchzen ließ mit dem zufrieden Gefühl der Freiheit, der Freiheit die ihnen verheißen
wurde, der Liebe, die kommen würde, der reinen Liebe ohne Fleischeslust und die dennoch
ihre Schenkel heiß schwellen ließ, sie so mit reinem Herzen in der Liebe des Herrn
versinkend, die sonntägliche Zeit, den Tag des Herrn, vergehen lassen durften, hasste.
So mochte die Frau Tante, die in dem gelobten Land hineingeborene Magd, mit ihren blauen
Augen, die ihren Körper durchbohrten, mit dem Neid, gelbgrün, der aus ihrem
unfruchtbaren Schoße quoll, das Wesen treffen sollte, dass in ihrem Leib zu leben begann,
ihr den jungen Soldaten doch lassen.
Er, den sie damals in Erwartung der eigenen Frucht, aus den Armen der rothaarigen
schönen Nichte rettete, an ihren eigenen Leib heftete, ihn mit ihren Erfahrungen beim
nächtlichen Wachen des Schweinewurfs, das Leben mit den schmerzhaften Rosenkranz, der
ihr ununterbrochen in ihrer windischen Sprache von den Lippen floß, die Wärme ihres
Leibes einflößte, er, sollte ihr nun entrissen werden, nicht vom Krieg, sondern von dieser
dahergelaufenen, weder der deutschen noch der windischen Sprache mächtig, hungrig, den
Ziehsohn, der nur ihr das Leben verdankte, raubend , er, der auf Urlaub aus dem weiten
Russland endlich wieder genährt werden wollte, sich nach so einen Frauenleib sehnte,
keinen Unterschied der Augenfarbe wahrnahm, in diesen erwartungsvollen Schoß der Schönen
versinken wollte, er hatte keinen Blick, keinen Wunsch an sie, sie, die ihm das Leben mit
ihrem heißen Atem eingehaucht hatte.
Er nahm sie, versprach ihr den gemeinsamen Weg, wenn der Krieg aus wäre, den er hasste,
den er fürchtete, den er fliehen wollte, nur weiter in sie eindringen wollte er, in ihr
verschwinden, nie wiederkehren, nie zurück in die Kälte müssen.
Diese Liebe, diese saugende Lust, die sie kannte, überrollte sie, ließ vergessen, die
Zukunft in Deutschland, die Zukunft, die ein Leben, dass nur ihr gehören sollte versprach,
wo der Krieg doch bald vorbei sein würde, wurde eingetauscht für ein Kind, das sie nicht
wollte, von einem Mann, dessen Worte Träume versprachen: eine Behausung am See, dessen
Schönheit sie nicht sehen konnte, weil Eisblumen ihr den Blick versperrten, Kälte sie
erschauern ließ, die harten Worte der Tante sie aus den Träumen rissen und sie die
deutsche Sprache immer besser verstehen lehrte
Doch in ihr wuchs auch ein Versprechen, das Versprechen, eines Tages diese
Herrschersprache so zu beherrschen, dass niemand, nicht einer, ihre Herkunft beschnuppern
würde.
Noch einen sehnlichen Wunsch hatte sie: "Blue eyes!