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Walther Schütz

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2009-01-03

Verbrechen ,Verdienstentgang'

.

Nein, es war kein Scherzbeitrag vom 1. April, sondern eine „seriöse" Meldung vom 1. Jänner 09, die da zu lesen war: Der Chef des privaten Flugunternehmens „Heli Austria" klagt das Bundesheer auf Verdienstentgang, weil Letzteres bei einem Waldbrand im Mölltal im Mai 2008 löschen geholfen habe. So die Meldung in der Kleinen Zeitung vom Do, 1.1.2009, S. 28f.. Das muss man sich mal in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen ...

Ein Beispiel für Unverschämtheit? Das sicher auch. Aber an diesem Beispiel zeigt sich ein viel tiefer gehendes Problem, mit dem sich alle auseinander setzen müssen, die auf ein solidarökonomisches Ausbrechen aus der fundamentalen Krise des Kapitalismus setzen:

Alleine das Faktum, dass „Heli Austria" sich an die Gerichte wendet, ohne von Haus aus damit rechnen zu müssen, mit einem „nassen Fetzen" nach Hause gejagt zu werden und auch nur den Hauch einer Chance wittert, verweist darauf, wie sehr marktwirtschaftliche Formen als allein seligmachende Form des gesellschaftlichen Miteinanders bereits juristisch festgeschrieben wurden. Damit aber sind alle Alternativmodelle auf einer juristischen Ebene – einmal ganz abgesehen von politischen Widerständen – mit der Kriminalisierung bedroht.

Zum besseren Verständnis ein Rückblick

Es klingt banal: Alle Gesellschaften sind darauf angewiesen, dass die „Stoffströme" funktionieren: Menschen müssen zu essen haben, Babys ernährt, Alte gepflegt werden, Dinge müssen von A nach B kommen usw..

Spezifisch für den Kapitalismus ist, dass neben dieser stofflichen auch eine Ebene der Verwertung des Kapitals nach der berühmten Formel Geld > Ware > Geld+Profit (kurz: G–W–G') existiert: Alle ökonomischen Aktivitäten müssen durch die zwei Nadelöhre „Zwang zur Gewinnmaximierung" und „Kaufkraft".

Da entgegen der liberalen Doktrin die Erfüllung dieser Kriterien bei weitem nicht immer gegeben ist, wäre, wenn es nur den kapitalistischen Sektor gäbe, nie eine auch nur halbwegs funktionierende kapitalistische Gesellschaft entstanden. Daher war realiter das kapitalistische System immer darauf angewiesen, dass neben der im engeren Sinne kapitalistischen Wirtschaft ein buntes Nebeneinander von staatlich/öffentlichen über gemeinnützige Wirtschaftsformen bis hin zur geldlosen Reproduktionstätigkeit bzw. Subsistenz existiert.
(siehe Ernst Lohoff, r Out Of Area – Out Of Control.)

Nun hat es der Kapitalismus mit seinen beiden oben erwähnten Nadelöhren der Verwertung von Kapital an sich, dass er auf Dauer an seine inneren Grenzen stößt. Vereinfacht stellt sich die Zwickmühle so dar:

  • Einerseits ist die Bedingung des Nadelöhrs 1 zu erfüllen, nämlich Profit zu machen: Dies geht aber nur, wenn IM VERHÄLTNIS zum Output mehr aus der Arbeitskraft rausgequetscht wird.
  • Damit geht der Kapitalverwertungsprozess aber immer schwerer durch das 2. Nadelöhr: Mit im Verhältnis zum Output zurückbleibender Massenkaufkraft ist die Anlage der immer größer werdenden Kapitalmassen nicht mehr sinnvoll, denn wer soll noch die produzierten Waren kaufen (geschenkt darf in dieser Form des Wirtschaftens ja nichts werden, vielmehr gilt der sogenannte Äquivalententausch als Grundprinzip)?

Liberalisierung: Mit dem System aus der systemimmanenten Verwertungskrise?

Wohin also expandieren, wohin mit dem Kapital, damit es „arbeiten" kann? Diese Frage stellte sich nach dem Ende des Nachkriegsbooms ab den 70er Jahren in immer stärkerem Maße. Als EIN Ausweg aus der Überakkumulationskrise bot sich die Durchkommerzialierung der bisher nicht unmittelbar im Verwertungsprozess befindlichen Bereiche an. Dementsprechend kommt es ab den 90er Jahren auf der juristischen Ebene zur Festschreibung der „Marktwirtschaft" in immer mehr Lebensbereichen, der sogenannten „Liberalisierung" (v.a. über quasi-staatliche Akteure wie die Welthandelsorganisation WTO und die EU.
(siehe Wie wird Globalisierung durchgesetzt?)

Mit diesem Versuch einer systemimmanenten Krisenlösungsstrategie (neben anderen, wie etwa der Deregulierung und dem Anwachsenlassen der Finanzmärkte) konnte die innere Krise des Kapitalismus allerdings nicht beseitigt, sondern nur deren offener Ausbruch aufgeschoben werden.

Solidarökonomische Ansätze und liberales Recht

Nun ist mit dem Erreichen der gerade skizzierten inneren Grenzen und der äußeren ökologischen Grenzen (Klima- und Ressourcenfrage) die Systemkrise offen ausgebrochen. Ein anderes, kooperatives, nicht auf Wachstum und Bedürfnisschaffung beruhendes Wirtschaften ist notwendig. Aber das alte System wird nicht von selbst verschwinden, vielmehr droht in seinem Abtreten noch eine Politik der verbrannten Erde: Die Vernichtung der letzten Ressourcen und Freiräume und die Herabsenkung des Lebensniveaus auf ein – zumindest bei uns – nicht mehr gekanntes Maß und die Umwandlung der Gesellschaft in ein Arbeitslager.
(dazu: Robert Kravanja, kärnöl-Konjunkturpaket
und Stephan Jank, Das wird jeden Treffen zu den Ankündigungen von Vizekanzler Pröll).

Und damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage, denn das Alte wird gegen das Neue auch das Recht in Stellung bringen:

  • Welche Konsequenzen ergeben sich für alle bestehenden und neu zu entwickelnden Formen eines nicht-marktorientierten Wirtschaftens aus der immer dichter werdenden Liberalisierung?
  • Was würde es z.B. heißen, wenn der Kampf im liberalisierten Postsektor nicht mehr bloß darum geführt würde, möglichst lange möglichst viele Postfilialen aufrecht zu erhalten, sondern ein Netz an Kommunikationszentren zu entwickeln, offen für alle und mit ganz neuen „Dienstleistungen" (Internetzentren, basierend auf offener Software a la Linux ...)?
    Wie vertrüge sich dies mit EU-Recht?
    Ist es ein Zufall, dass bezüglich der Zukunft der Post solche Fragen von keiner der im Parlament vertretenen staatstragenden Parteien diskutiert werden?
  • Was wäre, wenn Gemeinden solidarökonomische Betriebe in einem nennenswerten Umfang fördern? Was wäre, wenn etwa gemeindeeigene Kindergärten verstärkt Produkte von Betrieben beziehen würden, die sich in ihrem Programm einer zunehmenden solidarökonomischen Orientierung verpflichtet hätten?
  • Wem gehört das Wissen z.B. um Medikamente, um Saatgut ...? Ist es Privateigentum, von dessen Nutzung und auch Weiterentwicklung [!] andere auszuschließen sind? Oder gehört es der Menschheit?
  • ...

WO im Einzelnen der sogenannte Rechtsstaat die Keime eines anderen Wirtschaftens kriminalisieren wird, ist noch unklar. Dass es aber so kommen wird, ist abzusehen. Und in dieser Situation könnte sich das Berufen auf eben diesen Rechtsstaat für emanzipatorische Kräfte als Falle erweisen. Vielleicht gilt vielmehr: Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Reaktionen Auf den Beitrag reagieren

rVk, 2009-01-03, Nr. 4350

Lieber Walther!

Gratulation zu diesem Artikel.

1. Hast Du die jetztige Weltwirtschaftskrise auf den Punkt genau und optimal verständlich analysiert.

Und 2. Liegen in Deinen brillianten Denkanstößen möglicherweise die Wurzeln für eine völlig neuartige Form der Vergesellschaftung drinnen.

Es wäre nur zu wünschen, dass diesen Artikel möglichst viele Menschen lesen und bedenken würden.

Also unbedingt weiterempfehlen.

Hans Haider, 2009-01-04, Nr. 4352

Ein anderer Aspekt, um die Schwierigkeiten zu erklären, die der Kapitalismus heute hat.

1.) Der Kapitalismus bewegt sich in eine eindeutige Richtung, nämlich im Laufe der Zeit zu immer höherer Produktivität. Diese Entwicklung wird durch die Konkurrenz unter den Kapitalisten erzwungen. Kein Kapitalist kann sich dem entziehen, wenn er weiter bestehen will.

2.) Die Erhöhung der Produktivität wird erreicht durch Rationalisierungsmaßnahmen, also durch den Einsatz von Wissenschaft und Technik in den Produktionsprozess. Das kann jeder beobachten.

3.) Produktivität bedeutet: Anzahl der Produkte die pro Arbeiter und pro Zeiteinheit hergestellt werden können.

4.) Das ist an und für sich gut denkt sich der kleine Maxi, denn nun können wir mehr Produkte, also mehr stofflichen Reichtum in kürzerer Zeit und noch dazu mit weniger Arbeitern, herstellen. Aber es ist anders.

5.) Den Kapitalisten geht es nicht um den stofflichen Reichtum, sondern um den „ökonomischen Wert“, der in den Produkten steckt. Das Kapital setzt sich nur in Bewegung wenn ein Mehrwert erzeugt wird. (oder zumindest die Hoffnung besteht) Die „Stoffe“ (stoffliche Reichtum) ist die Hülle für diesen Wert.

6.) Die Erhöhung der Produktivität durch Rationalisierung führt zur Entlassung – euphemistisch formuliert Freisetzung – der Beschäftigten.
7.) Diese Beschäftigten (bei Marx die lebendige Arbeit) ist aber die einzige Quelle, die den Wert und somit auch den Mehrwert erzeugt.

8.) Das heißt also: Die andauernde Erhöhung der Produktivität erzwungen durch die Konkurrenz führt dazu, dass die Quelle aus dem Produktionsprozess entfernt wird, die den Wert und also auch den Mehrwert erzeugt.

9.) Dazu Marx: „Das Kapital ist selbst der prozessierende Widerspruch dadurch, dass es die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduzieren sucht, während es andererseits die Arbeitszeit als einziges Maß und Quelle des Reichtums setzt.“ Bemerkung: unter Reichtum versteht Marx in diesem Fall nicht den stofflichen Reichtum, sondern den Wert. Statt Arbeitszeit kann man Beschäftigte setzen das läuft auf das Gleiche hinaus.

10.)Um diesen ganzen Wahnsinn zu begreifen müssen wir uns mit der „gespenstischen Gegenständlichkeit“ des Wertes befassen.

Walther Schütz, 2009-01-04, Nr. 4353

Hans, ich danke dir für diese wichtigen, vertiefenden Anmerkungen. Und ich freue mich schon auf die Ausführungen von / die Diskussion mit dir am Mo, den 12. Jänner zu "Vom Charakter der Krise"

W.

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