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Bruno Kathollnig

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2008-09-19

Für politisch (noch) Interessierte

ZAHLEN - DATEN - FAKTEN

Nur 32 Prozent der Deutschen und gar nur 28 Prozent der Österreicher sind noch unverdrossene EU–Befürworter. Und die wenigsten glauben, es ginge noch gerecht zu (in Deutschland 15 Prozent) oder der Aufschwung sei bei ihnen angekommen (in Deutschland 12 Prozent).

Kein Wunder: Denn dank des die EU beherrschenden neoliberalen Paradigmas und wegen des globalen Reservoirs an zunehmend auch besser qualifizierten Arbeitskräften sinkt sowohl in Deutschland als auch in Österreich die Lohnquote seit Jahren beharrlich. (In der Gesamt–EU ist sie seit 2005 dank des boomenden Ostens relativ stabil bei etwas mehr als 63 Prozent). Und mit am schnellsten – in Deutschland und in Österreich. In Österreich dreimal so schnell wie im EU–Durchschnitt von 1980 bis 2006 von 70 auf 56 Prozent, nach IWF von 73 auf 60 Prozent (obwohl die Zahl der Erwerbstätigen seit 1990 um cirka 500.000 gestiegen ist). Während die Gewinnquote entsprechend steigt – und (fernab der wahren Leistungsträger) europaweit ein Prozent der Bevölkerung in erster Linie sich selbst produziert – in einem noch nie da gewesenen, „protzenhaften Luxus“ („Süddeutsche Zeitung“). Wäre in Österreich die Lohnquote im Verhältnis zum BIP konstant geblieben, wären beispielsweise die Einnahmen der Sozialversicherungsträger um 15 Prozent höher als derzeit. Und es wären die Massenkaufkraft und die Inlandnachfrage befriedigend.

In Deutschland, einem Land mit einer noch niedrigeren Lohnquote – in einem Land, dessen Unternehmen im vergangenen Jahr ebenfalls neue Rekordgewinne eingefahren haben, wurden die Managergehälter 2007 im Schnitt um 14 Prozent, das heißt pro Kopf um 400.000, – (!) erhöht. In einem Land, in welchem es mittlerweile 2,5 Millionen bitterarme Kinder gibt, weil ihnen die sogenannte Agenda–Politik (Agenda 2010) mit maximal 2,32 Euro im Tag ein menschenwürdiges Leben zumutet (Weshalb die CDU innerhalb eine Jahres rund 2,2 Millionen und die SPD in den letzten Jahren sogar geschätzte sechs Millionen Wähler verloren hat.) Die Managergehälter haben sich in Deutschland seit 2003 auf Grund „sprudelnder“ Gewinne („Die Zeit“) um mehr als die Hälfte erhöht. Die Vorstände der 30 DAX–Unternehmen verdienten bereits 2006 zusammen die unglaubliche Summe von 560 Millionen Euro. Um 16,5 Prozent mehr als 2005. Während die deutschen Normalverdiener noch 2007 mit nur 1,4 Prozent abgespeist worden sind. In Deutschland leben bereits mehr als die Hälfte der Lohnabhängigen in sogenannten prekären Arbeitsverhältnissen. Damit lässt auch dort das Maß an sozialer Sicherheit immer mehr zu wünschen übrig. Laut Spiegel (Nr. 30 vom 30. 6. 2008, S 64) breiten sich bei gleichzeitiger europaweiter Rekordteuerungswelle (für die Kleinverdiener geschönte 4%) im Nachbarland parallel zur grassierenden Abzocke die „Minilöhne“ ordentlich aus. Fast ein Drittel aller Beschäftigten beim „Exportweltmeister“ erhält mittlerweile Stundenlöhne von weniger als 7,50 Euro. Im Einzelhandel bekommen dort mehr als 300.000 – vorwiegend Arbeitnehmerinnen – weniger als fünf Euro pro Stunde. Jede(r) vierte junge Deutsche ist bereits von Armut bedroht.

Und das trotz exportweltmeisterlicher Renditen!

In Österreich ist es nicht so schlimm, aber noch immer schlimm genug. Hier müssen sich die Vorstände der an der Wiener Börse notierenden Unternehmungen mit durchschnittlich nur 1,3 Millionen Euro jährlich zufrieden geben. Sie bekommen also nur 48–mal so viel wie ein Durchschnittsverdiener (welcher von seinen 27.000 Euro Jahresbruttoverdienst als Single rund 48 Prozent an Steuern und Beiträgen und dazu noch die Umsatz– und Verbrauchssteuern abliefern muss. Also weit mehr als 50 Prozent seines Lohnes!)

Immerhin: Auch bei einer Million Österreicher wackelt es dank der sich hurtig drehenden Preisschraube finanziell schon höchst bedenklich. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie sitzen mit maximal 800 Euro monatlich in der Armutsfalle. Und weitere 2,5 Millionen verdienen auch nicht mehr als 1300 Euro brutto im Monat. Und das bei einem BIP von 37.330 Dollar pro Kopf (Deutschland 33.800). Und das trotz satter, sprudelnder Gewinne und trotz Exporten in der Rekordhöhe von 120 Milliarden (davon 80 Milliarden in die EU).

Weshalb Österreich zu den zehn reichsten Flächenstaaten der Erde gehört! In welchem besonders die Umverteilung von unten – genau gesagt: von der Mitte – nach oben munter weitergeht. Und durch die Abschaffung der Erbschafts– und Schenkungssteuer gerade heuer wieder einen ordentlichen – einen wirklich skandalösen Schub bekommen hat.

Österreich ist somit der Industriestaat mit einer Vermögensbesteuerung, die mit einer Höhe von 0,6 Prozent des BIP kaum ein Drittel so hoch ist wie im Durchschnitt der 15 alten EU–STaaten.

Laut Sozialbericht der Bundesregierung besitzen in Österreich 10 Prozent der Bevölkerung zwei Drittel des Gesamtvermögens. Das reichste Prozent (die 77.000 Euromillionäre plus Anhang) besitzt mehr als die untersten 90 Prozent!

Im Kontext mit unserem Steuerrecht, welches mit der Reduktion der Körperschaftssteuer im Jahr 2005 von 34 auf 25 Prozent und der gleichzeitigen Einräumung zahlreicher steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten für international tätige Konzerne eine Reduktion von deren Gewinnsteuern bis gegen null ermöglicht, erklärt das fast alles. Auch die Tatsache, dass in Österreich die Besteuerung solcher Konzerne unterm Strich geringer ist als in der Slowakei mit seiner Flat-Tax von 19 Prozent.

Leider wird dank der globalen Deutungshoheit des neoliberalen Weltbildes auch nach der in den USA zwei Millionen Familien und deren Wohnhäuser und Millionen Pensionen betreffenden, aktuellen Wirtschaftskrise weiterhin mit großem Erfolg behaupten werden, man müsse die Märkte nur gewähren lassen – man dürfe und „könne nicht quasi als Puffer globale Marktentwicklungen korrigieren“, damit alles seine Balance finde. Und dies, obwohl laut New York Times damit bereits ein Schaden von bis zu vier Billionen (nicht bloß Milliarden) Dollar absehbar ist, welcher sogar das Mekka des Neoliberalismus zu einer gigantischen Sozialisierung dieser Verluste, sprich zu Zuschüssen der Steuerzahler in Höhe von mehreren hundert Milliarden Dollar zwingt. Während die sprudelnden Gewinne natürlich möglichst auch in Zukunft nirgends angetastet werden dürfen.

Von dieser Krise offenbar gänzlich unbeeindruckt, sind nicht nur merkwürdige Wirtschaftsforscher einer deutschen technischen Universität nach der Methode „Haltet den Dieb!“ äußerst bemüht, den Sparstift an der falschesten denkmöglichen Stelle anzusetzen. Sie glauben deshalb den wissenschaftlichen Nachweis erbracht zu haben, Sozialhilfeempfänger könnten durchaus auf eine den deutschen verfassungsrechtlichen Vorstellungen von der Würde des Menschen entsprechende Art und Weise mit 132 (!) Euro im Monat „durchkommen.“

Vor allem die fundamentalen Christen unter ihnen könnten sich dabei auf das sogenannte Matthäus–Prinzip stützen: „Wer hat, dem wird gegeben werden. Wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen werden, was er hat.“ (Matthäus 25/19).

Wahrscheinlich hat man aus diesem Grunde hierzulande auch die Vermögenssteuer abgeschafft, obwohl die OECD (Vereinigung von 15 Industriestaaten) diese Steuer als viel zu gering erachtet hat.

Jedenfalls drohen die Lohnquoten, die Reallöhne, die Pensionen und die Sozialstandards in Österreich ebenso wie in den meisten anderen „alten“ EU–Staaten weiter nach unten zu rutschen – in Richtung auf eine demokratiepolitisch kritische Schwelle. (Unschwer vorauszusagen, dass die Masse, bei welcher der Aufschwung noch ankommen sollte, die erste sein wird, bei welcher der prognostizierte Abschwung ankommen dürfte.) Auch die Sozialquote, der Anteil der Sozialausgaben am BIP, geht seit 1994 laufend und deutlich zurück. Während die Vermögenszuwächse über Zinsen und Dividenden bereits höher sind als die Sozialausgaben. Während – nochmals – vor allem die Globalisierungsgewinne geradezu wuchern. Mit dieser Umverteilung nach oben wird die Zivilgesellschaft in den Ländern der ehemals funktionierenden Marktwirtschaft immer stärker in Richtung auf einen unzivilisierten, gewaltbereiten Rand hin – also nach Rechtsaußen zentrifugiert. Was folgendes Beispiel, das zugleich ein erschreckendes Fanal ist, belegt: Im vergangenen Monat sind in Sachsen–Anhalt laut „Spiegel“ Nr. 36/2008 zwei junge Männer von Neonazis ermordet worden. Trotzdem habe sich darüber laut diesem Nachrichtenmagazin „niemand empört“.

Aus österreichischer Sicht nur ein beklemmendes Zeichen für unsere Erpressbarkeit durch europaweites Steuerdumping ist die Verlegung des europäischen Headquarters von IBM von Wien nach Prag. In Tschechien zahlen nämlich selbst Spitzenmanager maximal 20 Prozent Einkommenssteuer, mögen sie auch ein Mehrhundertfaches eines Durchschnittslohnes verdienen. Während einem österreichischen Lohnabhängigen sehr schnell 30 Prozent und mehr an Lohnsteuer abgenommen werden.

Dessen ungeachtet hat die EU nicht die leiseste Absicht die Einkommens– und Vermögenssteuern im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft zu harmonisieren. vielmehr liegt ihr die Umsatzsteuer besonders am Herzen, deren mangelnde soziale Treffsicherheit angesichts von bevorstehenden Wahlen ausgerechnet von denen besonders heftig beklagt wird, welche seit jeher die Umverteilung hinauf zu den wirklich Reichen besonders tatkräftig fördern.

Aus all diesen Gründen droht die EU–Verdrossenheit in den „alten“ Staaten der Eurozone (trotz hochwirksamer Ablenkungs– und Beruhigungsstrategien) nur noch weiter zuzunehmen. Und mit ihr die Demokratieverdrossenheit. Und diese namentlich in Österreich So dass bei der kommenden Nationalratswahl eine weitere Erosion der sogenannten Volksparteien absehbar ist. Eine durch europaweites (trotz weitreichenden Versagens der Märkte, besonders der Finanz–, der Energie– und Lebensmittelmärkte) nach wie vor marktradikales Zentrifugieren ausgelöste Erosion zugunsten eines wiederaufkeimenden, sich neuerdings besonders sozial gebenden Nationalismus. Der Nationalismus war aber bekanntlich die europäische Pest des vergangenen Jahrhunderts.

Es ist also in einem EU–Europa, das mit einer Wirtschaftsleistung von 12,3 Billionen Euro (USA 10,1 Billionen, die „BRIC–Staaten“ – Brasilien, Russland, Indien und China zusammen 5,2 Billionen Euro) so reich ist wie nie zuvor (und welches bei den XXIX. olympischen Spielen insgesamt mit 87 Goldmedaillen auch im Sport einsame Spitze ist), höchste Zeit, dem unverzichtbaren Jahrtausendprojekt EU im fünfzigsten Jahr seiner Existenz nicht bloß mit Zweckoptimismus auf seine überladenen Schultern zu klopfen, sondern es daran zu erinnern, dass ein nachhaltiger Friede mit dem sozialen Frieden im eigenen Haus erst beginnt – dass eine Globalisierung der Wirtschaft mit einer Globalisierung der gerechtfertigten Erwartungen der Massen an die für den nachhaltigen sozialen Frieden nötige Solidarität einhergehen muss. In diesem für jede Torheit offenen, sich mittlerweile wieder unter der Chuzpe des Schlagwortes „Modernisierung“ dem Nachwuchs verweigernden und sich selbst refeudalisierenden „Haus ohne Hüter“ (Churchill) Europa, in welchem zur Zeit mehr denn je der Casinokapitalismus das Sagen hat und in welchem allzu viele Politiker dessen Kellner und Piccolos spielen. (So dass auch in einer einzigen (britischen) Bank ohne Aufhebens 73(!) Milliarden Euro verzockt werden konnten. So dass auch im erzkapitalistischen Großbritannien, in welchem bereits jedes dritte Kind arm ist, der Staat mit entsprechenden Unmengen von Steuergeld rettend einspringen durfte.) In einem Haus, in welchem zu allem Überfluss auch die „Schurkenökonomie“ (s. Loretta Napoleoni, „Die Zuhälter der Globalisierung“) boomt wie noch nie zuvor. Dank einer Globalisierung, in der man noch froh sein darf, dass erst zwanzig Prozent des Weltbruttosozialproduktes Verbrechern gehören (s. Misha Glenny in seinem Buch „Mc Mafia“ und im „Spiegel Nr. 36/2008, S 137).

Bei kritikloser Fortschreibung des herrschenden, von den sogenannten Chikagoboys und der Chikagoer Warenbörse geprägten, mit einem religiösen, geradezu fundamentalistischen Nimbus ausgestatteten Paradigmas unserer ebenso heuchlerischen wie pornografischen, das heißt massenweise entwürdigenden und zunehmend gewalttätigen Epoche (jährlich kommen mehr Menschen durch alltägliche Gewaltverbrechen als durch Kriege um, nämlich 500.000 Menschen) droht der Mensch als solcher nachhaltig zur Ware – zu „Kosten auf zwei Beinen“ – zu missraten (und das nicht nur am Arbeits– und am Straßenstrich). Allen Lippenbekenntnissen über die „Unantastbarkeit der Menschenwürde“ zum Trotz.

Schlimmer noch: Wie uns in diesen Tagen Ernährungsexperten versichern, könnte es 2009 weltweit deutlich mehr Hungertote geben als in diesem Jahr – also deutlich mehr als hundert Millionen verhungerte Menschen! Menschen wie du und ich.

Und es könnte sich die Armut selbst in so reichen Ländern wie Deutschland auf die Frage nach dem Mindestkalorienbedarf zuspitzen. Wenn der Sozialstaat zunehmend zu einem Charity–Event mit Spendenhotline – mit Suppenküchen und Sozialmärkten verkommt.

Es ist also höchste Zeit, zur Besinnung – zu einem Paradigmenwechsel, zu einem neuen „New Deal“ zu gelangen und damit zunächst wenigstens in den alten EU–Ländern zu einer sozialen Marktwirtschaft zurückzukehren, welche diesen Namen verdient.

Dazu ist es zunächst unerlässlich, die Diskussion über Fragen der sozialen Gerechtigkeit nicht länger als „Neiddebatte“ zynisch abzutun, die aktuelle Umverteilung, deren Mechanismen und demokratiegefährdende Auswirkungen transparent zu machen und der Öffentlichkeit nicht nur mit Stolz auszurichten, dass die Gewinne, Spitzengehälter und Vermögen geradezu explodieren (der reichste Familienclan Österreichs hat in einem Jahr sein Privatvermögen um 5,2 Milliarden Euro vergrößert). Wie etwa in Schweden gilt es auch bei uns deutlich zu machen, wie viel die Superreichen von ihrem Einkommen und Vermögen tatsächlich in jedem Einzelfall Steuern bezahlen – zu der vorgeblichen Solidargemeinschaft tatsächlich beitragen. Zumal auch Österreichs Superreiche an einem unverhältnismäßig großen, immer größer werdenden Anteil am Kuchen – an einem Geldvermögen in der zehnfachen Höhe der gesamten österreichischen Pensionsleistungen – verfügen. Und das sind rund unvorstellbare 1500 Milliarden Euro (das Sechzigfache dessen, was insgesamt beispielsweise für Gesundheit ausgegeben wird).

Die in der Regel natürlich auf Gewinnmaximierung abzielenden Stiftungen, deren Gesamtvermögen Ende 2007 sechzig Milliarden Euro überstiegen hat, leisten von ihren vergleichsweise prozentuell hohen Zinserträgen und sonstigen Gewinnen den halben Steuersatz (12,5 Prozent) eines durchschnittlichen Sparbuchbesitzers.

Und das in einer Zeit, in welcher trotz Ausbreitung der Minilöhne Umsatz– und Lohnsteuer mehr als 60 Prozent der Steuereinnahmen des Bundes ausmachen. In einer Zeit, in welcher diese Steuereinnahmen innerhalb eines Jahres um 7,3 Prozent gestiegen sind (Die Einnahmen des Staates aus der Lohnsteuer sind nicht zuletzt dank der „kalten Progression“ von 2005 bis 2007 um 16,6 Prozent gestiegen). Während die Reallöhne und die Massenkaufkraft weiter beharrlich sinken. Letztere in diesem Jahr um kleingerechnete offizielle 0,8 Prozent.

Es ist also höchste Zeit für mehr soziale Gerechtigkeit! Vor allem für mehr Steuergerechtigkeit! Will man nicht zu US–amerikanischen oder gar russischen Verhältnissen gelangen.

Wie sehr soziale Gerechtigkeit in Österreich schon im Interesse der Wirtschaft vernünftig und geboten wäre, das beweist schon die Tatsache, dass solche Unternehmerpersönlichkeiten wie Hans–Peter Haselsteiner, Hannes Androsch oder Claus Raidl sich darüber ernste Sorgen machen und zu solchen Vorschlägen gelangen wie zu einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer (auf bis zu 80 Prozent) oder zur Einführung einer Vermögenszuwachssteuer auch für Stiftungen von 25 Prozent.

Unsere Politiker sollten sich an Skandinavien und vorzüglich an Dänemark ein Beispiel nehmen – einem Land, das seit 2001 von sogenannten Liberalen und Konservativen regiert wird. Die allerdings wissen, was die Reichen der sozialen Gerechtigkeit schulden. Mit einer wesentlich höheren Abgabenquote (49,1 Prozent) als Österreich. Dank einer wesentlich höheren Verantwortung der Superreichen für das Steueraufkommen (Spitzensteuersatz: 65 Prozent). Deshalb gibt es in diesem Land viel weniger Armut (Mindestpension 1000 Euro) als bei uns. Und wesentlich bessere Leistungen für die Familien, für die Schulen und die Bildung.

Aus all diesen Gründen müssten in einem solidarischen, von seinen Bürgern begeistert akzeptierten Europa – und besonders in der Steueroase Österreich – die Kapitalerträge und die Privatvermögen der Superreichen (letztere sogar gemäß der Empfehlung der ansonsten sehr liberalen OECD) stärker besteuert werden als bisher.

Mit einem über mehr Steuergerechtigkeit erzielbaren Betrag von mindestens acht bis zehn Milliarden Euro – könnte mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Bildung und Forschung und eine höhere Massenkaufkraft erreicht und auf diese Weise in unserem Land lebenswerte Zukunft nicht verschleudert, sondern, ganz im Gegenteil, gerettet werden.

Dr. Bruno Kathollnig

PS.: Weltweit gibt es ca. 10 Millionen Dollarmillionäre. Diese besitzen ca. 40 Billionen Dollar und werden jedes Jahr um ca. 10 Prozent reicher. Die globalen Militärausgaben betragen bereits 1,37 Billionen Dollar. Davon entfallen 547 Milliarden auf die USA, in der jede(r) sechste BürgerIn nicht einmal krankenversichert ist.

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hestro, 2008-09-19, Nr. 4175

katholnigs zusammenfassung der politisch-ökonomischen misere ist eindrucksvoll. was österreich betrifft korrespondiert das zahlenmaterial unübersehbar mit dem verhalten der wähler/innen seit es hier allgemeine und gleiche wahlen gibt: mit unterbrechungen seit 1907 für männer, ab 1920 für frauen. Von der links-zentrischen Ära Kreisky (1971 - 1983) abgesehen gab es im Ösi-Land ausschließlich konservative, rechts-zentristischen Mehrheiten im parlament, dazu eine neo-absolutistische Kriegsdiktatur (1. Weltkrieg) und gleich zwei faschistische Regime in den 1930er und 40er Jahren mit einer im Anschluß daran von außen kontrollierten Demokratie.

mimenda, 2008-09-20, Nr. 4176

ich glaube ja, dass wir eine andere statistik bräuchten (nach regionen etwa, mehr qualitativ, weniger quantitativ), um uns sensibler dem gegenüber zu machen, was uns - ob nah oder fern - umgibt.

ich lese immer ZDF (zahlen, daten, fakten) und denke mir: man, die restaurants und kneipen sind immer voll! aber wo befinde ich mich? im deutschen bundesland mit der geringsten arbeitslosigkeit (5,4) nach bayern (3,9) und und Baden-Württemberg (4,1).

wenn man die zustände in anderen (bundes)ländern nicht kennt, ist es schwer das nachvollziehen, was ZDF so eindringlich verdeutlicht. aber der blick auf die aktuelle arbeitslosenkarte in D zeigt:

west:
Hamburg 8,1
Nordrhein-Westfalen = 8,4
Bremen = 11,3

ost:
Thüringen = 10,7
Sachsen (immer wieder als vorzeigemodell für den osten dargestellt) = 12,4
Brandenburg = 12,7
Mecklenburg-Vorpommern = 13,3
Sachsen-Anhalt = 13,6
Berlin = 13,8

und das sind alles zahlen, die m.e. ohnehin schon geschönt sind. und auch wenn man weiß oder eingeredet bekommt, dass der osten deutschlands im gegensatz zum westen nur 66% des BIP erwirtschaftet, kann das ja kaum ein trost sein.

als ich vor 7 jahren das letzte mal im ruhrgebiet an dem ort war, wo mein großvater in einer von bergarbeitern dominierten, friedlichen nachbarschaft als arzt praktizierte, lag aggressivität und der geruch nach armut in der luft. vor meinen augen schiss jemand auf die straße, und auch sonst hatte ich den eindruck, als würde nicht viel fehlen, um ein pulverfass zur explosion zu bringen.

der blick auf A kommt mir da - mit verlaub - ebenso verklärt vor wie mein blick auf die gefüllten restaurants in meinem kleinen bundesland. reich oder nicht reich in einem bestimmten landstrich, einem bundesland oder einem kleinstaat, das ist nicht die frage, denn wenn ich mich auf mein überwiegend ländlich geprägtes rheinland-pfalz beschränke (das gerade einmal 5% der deutschen bevölkerung hat und damit etwa halbsoviele einwohner wie A), dann kann ich mir lange einreden, es ginge den mir und uns gut, weil ich hier öffentlich nichts oder fast nichts dessen wahrnehme, was wirklich läuft.

insel der glückseligen zu sein, das kann niemand mehr für sich in anspruch nehmen, es sei denn, er macht die scheuklappen dicht.

17000 euro soll bei uns in rheinland-pfalz jeder einwohner vom baby bis zum greis jährlich netto zur verfügung haben. wenn das so ist, kann ich da auf meine fünfköpfige familie gerechnet lange nicht mithalten (obwohl meine frau und ich beide allein betrachtet schon zu den sogenannten besserverdienenden deutschen rechnen!?), aber wer wird das schon können? es ist etwas mächtig faul, nicht weil wir wegen fehlender überschüssiger kohle nicht zu den habituellen restaurantbesuchern zählen, sondern weil der abstand zum abgrund bei näherem hinsehen auch für die noch sogenannte mittelschicht näher rückt. ich frage mich indes: wie machen das die anderen familien, die weniger haben als wir. die sitzen wohl zu hause und tun so unauffällig wie möglich.

die spaßgesellschaft frisst ihre kinder, während die "ältern" sich in sicherheit wiegen. und sie wird nicht halt machen, solange wir ihr volljährigen nicht einhalt gebieten.

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