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Walther Schütz

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2005-05-25

Unterliegen nicht auch Tauschkreise der „Logik des Geldes“?

Tauschkreise werden oft als Alternative zur normalen Geldwirtschaft gesehen. Zentraler Punkt ist: Weil sich Tauschkreise außerhalb der "normalen" Geldkreisläufe befänden, fällt der Zins weg. Mit dem Wegfallen des Zinses aber - so diese Weltsicht - sei DAS kapitalistische Urübel beseitigt. Der vorliegende Beitrag hinterfrägt auf einer praktischen Ebene diese Theorie.

Jetzt ist es beinahe drei Jahre her, dass wir im Raum Villach den Talente-Tauschkreis reaktiviert haben. Für mich sind die 3 Jahre praktischer Erfahrung der Anlass zu einer Reflexion. Dabei konzentriere ich mich im folgenden auf die problematischen Seiten. Vorab aber das Positive: Für mich sind die Tauschkreise eine tolle Gelegenheit, engagierte Menschen kennen zu lernen, neue Freundschaften zu knüpfen, über die Hämmer der normalen kapitalistischen Wirklichkeit nachzudenken, Utopien zu spinnen und auch erste Erfahrungen mit einem „anderen Wirtschaften“ zu sammeln und dieses weiter zu entwickeln. Und gerade weil es um Weiterentwicklung geht, halte ich es für notwendig, folgende Punkte zu beachten:

1. Gleich am Anfang habe ich in folgende Beobachtung gemacht: Ein Freund, der seinen Apfelsaft und Essig ausgestellt bzw. zum Tausch angeboten hatte, bot mir ein paar Gläser seines Saftes an und hat mir zum Schluss auch für mich und meine Kollegin einen Essig mitgegeben. Das sonderbare an dieser Situation war aber folgendes: Auf einmal habe ich in mir eine gewisse Scheu verspürt, das Angebotene anzunehmen. Eine innere Stimme, eine Art innerer Buchhalter, flüsterte mir zu: „Was muss ich dafür hergeben? Wie schlägt das bei mir zu Buche? Wird eine Gegenleistung erwartet?“ Und das, obwohl offensichtlich war, dass das Angebotene tatsächlich als Geschenk gemeint war.

2. Wie es mir mit der Bewertung von Leistung geht: Oft werden immaterielle Leistungen (Vorträge) geringer bewertet als aber handfeste Produkte wie z.B. Lebensmittel. Wie in der sogenannten „normalen“ Wirtschaften werden die nicht so sichtbaren Vorleistungen oft nicht gesehen bzw. als selbstverständlich vorausgesetzt. (Ein Faktum, das übrigens sehr oft auf den abgespaltenen Bereichen, die oft den Frauen zugeschriebenen werden). Wo ich nun auch beim Tauschen das Problem sehe ist nicht der einzelne konkrete Fall – da kann man ja zu Recht sagen „musst halt den Mund aufmachen“. Wo ich aber ein strukturelles Problem sehe ist:

  • Was ist, wenn einem das Feilschen oder auch bereits das Herausstreichen der Arbeit zuwider ist, wenn einem gerade am herrschenden Marktwirtschaftssystem dieser strukturelle Zwang des Angebens – des „Sich-selbst-Vermarktens“ stört?
  • Und dann gibt es noch den Aspekt, dass man möglicherweise die Arbeit unmittelbar um der Sache willen erbringt und man froh ist, dass die erbrachte Arbeit angenommen wird? Das ist – so meine These – genau die umgekehrte Logik des Tauschens und damit auch von Tauschkreisen, wo man zuerst etwas zum Verkaufen (eine WARE) produziert, um dann erst die Mittel zum eigentlichen Zweck erworben zu haben.

3. Die Zusammenkünfte sind von einem kleinkrämerischen Geist bedroht, so meine nächste Beobachtung. Bei Zusammenkünften bringen da immer wieder einige Dinge „kostenlos“ ein, wie es ja bei einem Fest üblich ist. Andere verrechnen was für ihre Sachen ... Nun will ich das nicht auf individuelle Haltungen reduzieren, das wäre zu billig. Denn ich gehe wetten, dass die selben Leute bei einem Fest zu Hause natürlich nichts verlangen, wenn sie Gäste einladen. Der Punkt ist vielmehr der, dass, wenn eine Gesellschaft (und wenn es auch nur unsere kleine Talentetauschgesellschaft ist) auf dem Tauschprinzip aufgebaut ist, dann setzt sich die Logik natürlich in die letzte Gehirnwindung hinein fest.

4. Für mich ein Problem ist die durchschimmernde Konkurrenz: Bislang waren wir noch so wenige, dass es das Problem fast noch nicht gegeben hat, aber nun gibt es den Fall, dass wir von einem Produkt (Brot) 2 Anbieter/innen haben. Wie gehen wir eigentlich damit um, wenn der eine Anbieter lauthals seine Ware anpreist? Das ist ja eine im Sinne des Systems durchaus korrekte Verhaltensweise, aber ist das die „andere, bessere“ Gesellschaft?

5. Neoliberalismus: Immer wieder gibt es stimmen, wonach Villach mit seinem kleinen Tauschkreis, aber einer sehr aktiven Bewusstseinsarbeit zu hohe Gemeinkosten produzieren würde. Das kennt man sonst eher aus dem neoliberalen Mainstream: „Jaja, der Staat ist zu teuer“ - und das bei einer „Staatsquote“ von 10%. Da ist ja die peinharte Realwirtschaft Österreichs geradezu ein Paradies gelebter Solidarität mit einer öffentlichen Quote von etwa 45%!

Ich interpretiere all diese Phänomene so:

  1. Wir scheinen doch stärker, als wir uns oft eingestehen wollen, von der übrigen Gesellschaft sozialisiert. Aber das ist gar nicht so wichtig, denn in uns allen schlummern auch andere Logiken.
  2. Was aber noch schwerer wiegt ist die dahinterstehende Gesellschaftsstruktur unserer kleinen Tauschgemeinschaft: Im Tausch / am Markt begegnen wir uns zunächst nur als vereinzelte Individuen, die ihre individuellen Angebote und Bedürfnisse abgleichen. Arbeitsteilung erfolgt so nicht in einer solidarischen Praxis (dass man sich ausredet, was wir brauchen), sondern sie stellt sich erst über den Akt des Tauschens her. Und das Tauschen mitsamt seines „Mediums (Alternativ-)Geld“ hat seine Gesetzmäßigkeiten: Auch der Akt des Talentetausches ist nicht so „unschuldig“, in ihm schlummert auch ganz stark der Aspekt des Akkumulierens, des Anhäufens, der üblicherweise in Tauschkreisen erst viel später (zu spät?) mit der Entstehung von Zinsen für die Geldwirtschaft veranschlagt wird.

Weiterführende theoretische Überlegungen: Andreas Exner, Stephanie Grohmann Bye bye Zinskritik ... Über die Grenzen der Tauschkreise und den Unsinn der Freiwirtschaft

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rVk, 2005-05-25, Nr. 1946

Danke Walther, super Artikel/Bericht.

rVk

D.W., 2005-06-29, Nr. 1967

allgemeinwohl ist ein auslaufprodukt. was zählt ist "ich".
die wahrnehmung "ich" macht auch vor tauschkreismitgliedern nicht halt.
in der hoffnung auf eine baldige lösung...
D.W.

Bernd, 2005-10-07, Nr. 2115

Zuerst mal - sehr guter Artikel !
Ist übrigens mein erster, aber sicher nicht letzter, Besuch auf dieser Seite.

Ich habe mal was von einem Experiment in Tirol gehört, wo auch mit alternativer Währung experimentiert wurde; sie verlor mit der Zeit an Wert, sodaß die Menschen nicht ans Anhäufen von Kapital dachten, sondern ihre 'Währung' bald wieder ausgaben - so wurde auch die "Wirtschaft" angekurbelt.

Habe leider selbst (noch) zuwenig wirtschaftliches Wissen, aber klingt auf jeden Fall interessant.

xcha, 2007-01-18, Nr. 3066

Ein regulärer Arbeiter, z.B. Ofenbauer muß 3 Stunden arbeiten um sich eine Stunde eines z.B. Klempners leisten zu können. Dabei spielt es keine Rolle wie gut die beiden Arbeiter miteinander bekannt sind oder in welchem gemeinsamen Verein (z.B. Tauschring e.V.) die beiden sind. Der Punkt der Steuerverkürzung hätte in den Beitrag zur Tauschkreiskritik aufgenommen werden müssen. Gerade die Anhänger von Tauschkreisen sind in der Regel bevorzugte Nutzer und Anhänger des Umverteilungsstaates.

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