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Astrid Konrad

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2005-03-15

Patentierung von Pflanzen?

Vorbemerkung der Redaktion: Jahrtausendelang züchteten Menschen die Pflanzen, die sie säen und ernten, selbst. Auch mit der Herausbildung des modernen Staates war und ist es noch immer weitgehend üblich, dass Bauern und Bäuerinnen weltweit Saatgut zur neuerlichen Aussaat und zur Zucht weiterverwenden dürfen: Ein Drittel wird nach wie vor in "Subsistenz" von den Menschen am Land selbst gezüchtet / getauscht / gekreuzt, ein weiteres Drittel kommt aus öffentlichen Anstalten und erst ein Drittel des Saatgutes wird kommerziell hergestellt. Von diesem kommerziellen Bereich heraus wird aber dieses Recht in den letzten Jahren konsequent beschnitten. Damit droht aber nicht nur Millionen Menschen der Entzug der Lebensgrundlage: Unsere gesamte Ernährungsbasis ist bedroht, denn die unzähligen Varianten von Saatgut weichen einem vereinheitlichten Genpool, der gegenüber Krankheiten, Schädlingen etc. immer anfälliger wird!

Auf internationaler und auch auf EU-Ebene werden mit dem geänderten Patentrecht jene Grundlagen geschaffen, die es einer Handvoll Konzernen ermöglichen, sich die Lebensgrundlagen aller Menschen anzueignen und den Konsument/-innen weltweit gentechnisch veränderte Organismen (GVO) aufzuzwingen.

Wie ist das möglich?

Durch den technologischen Fortschritt im Bereich der Biotechnologie verschwimmen vor dem Gesetz die Grenzen zwischen Technik und Leben sowie zwischen Erfindung und Entdeckung. Die Patentierung von Lebewesen wurde durch eine Grundsatzentscheidung in den USA aus dem Jahre 1980 forciert mit der Begründung, dass "alles unter der Sonne, was von Menschen gemacht ist" auch patentierbar sei. Lebewesen waren bis zu diesem Zeitpunkt explizit von der Patentierung ausgeschlossen. Das erste Patent wurde auf ein Bakterium erteilt, es folgten rasch Patente auf Pflanzen, Tiere, Gensequenzen, Zellen und Gewebe des Menschen. Die Patentierung von Gensequenzen wurde dadurch möglich, dass der Begriff der Erfindung gegen den der Entdeckung ausgetauscht wurde. Derlei juristische Spitzfindigkeiten und die Komplexität der für Laien (und Jurist/-innen) schwer verständlichen Gentechnologie versprechen branchenspezifischen Konzernen bis dahin ungekannte Macht- und Gewinnpotenziale.

Das Ausschlussprinzip

Die Idee der Patentierung ist es, dem Patentinhaber für seine Erfindung ein Verwertungsmonopol zuzugestehen, d.h. andere von der unentgeltlichen Nutzung auszuschließen. Zugleich muss er die Erfindung offen legen, damit sie von der Allgemeinheit - gegen ein Entgelt - genutzt werden kann. Im Falle der Patentierung von Pflanzen bedeutet das, dass es ausreichend ist, eine bestimmte Gensequenz zu entdecken und zumindest eine ihrer Anwendungen zu beschreiben, um das Patent zu erhalten. Der Patentinhaber hat ein Monopol auf alle - auch auf die noch nicht bekannten - Anwendungen seiner "Erfindung". Durch diese großzügige Auslegung des Patentanspruches melden Konzerne immer wieder sehr breit gefächerte Patente an, so wurde z.B. von Monsanto ein Patent auf Weizen mit besonderer Backeigenschaft angemeldet und nicht darauf vergessen, sogar die daraus herzustellenden Kekse mitzupatentieren. So werden also nicht nur über Pflanzenarten hinweg, sondern auch über verschiedene Verarbeitungsstufen hinweg Patente beantragt und auch erteilt. Gegen diverse bereits erteilte Patente wurden z.B. von Greenpeace Einsprüche erhoben und in einigen Fällen wurde diesen stattgegeben. Dies zeigt auch, dass seitens der Behörden (z.B. Europäisches Patentamt) keine ausreichende Überprüfung der Anträge erfolgt.

Sortenschutzrecht vs. Patentrecht

Mit Beginn der Grünen Revolution wurde erstmals 1961 im Internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) festgehalten, dass der Züchter einer Pflanzensorte das Ausschließlichkeitsrecht auf den Vertrieb seiner Sorten und das Recht, für seine Sorten Lizenzen zu verlangen, erhalten soll. Der Gedanke, die Züchtung einer Pflanzensorte als geschütztes geistiges Eigentum zu betrachten, ist also verhältnismäßig neu. Der wesentliche Unterschied zwischen Patentrecht und Sortenschutzrecht betrifft das so genannte "Züchterprivileg" und den "Landwirtevorbehalt" (Erklärung nachfolgend), wobei Bestrebungen bestehen, das Sortenschutzrecht weitgehend an das Patentrecht anzugleichen (UPOV 91).

Züchterprivileg

Das Züchterprivileg im Sortenschutzrecht erlaubt Personen die (lizenzfreie) Weiterzüchtung mit einer geschützten Sorte. Das bedeutet, ein Züchter kann eine neue Sorte aus (mindestens) zwei bestehenden, geschützten heranzüchten und diese neue Sorte als seine eigene schützen lassen. Durch die Fortschritte in der Biotechnologie und die Anwendung des Patentrechts auf Pflanzen ist dies nicht mehr möglich. Ist eine Gensequenz bzw. eine genetische Veränderung erst einmal patentiert, sind auch die nachfolgenden Generationen dieser Pflanze (sozusagen Kinder, Kindeskinder etc.) betroffen und andere Züchter dürfen diese nur noch gegen Zahlung einer Lizenzgebühr für weitere Züchtungen verwenden. Bei der herrschenden Patentvergabe kann das bedeuten, dass man bei der Züchtung von Pflanzen eine Vielzahl von Patenten verletzt. Diese Praxis benachteiligt klein- und mittelständische Züchter, und zwar sowohl jene die auf herkömmliche Art und Weise züchten, als auch jene die sich gentechnischer Methoden bedienen. Um langfristig die Ertragsfähigkeit von Kulturpflanzen erhalten zu können, ist es jedoch notwendig, neue Sorten zu züchten (neue Anforderungen, Widerstandskraft gegen neu auftretende Schädlinge und Krankheiten). Für den Pflanzenzüchter sind dabei die vorhandenen Sorten die Grundlage für seine Arbeit.

Durch die Konzentration auf gentechnische Methoden wird die Züchtung auf herkömmliche Art und Weise entscheidend behindert bzw. sogar langfristig gesehen verhindert. Die Interessen der Konzerne richten sich jedoch einseitig auf Höchsterträge und die Transport- und Lagerfähigkeit der Produkte, nicht zu vergessen: die Forcierung von Sorten, die auch einen hohen Chemikalieneinsatz erfordern - denn der Verkauf von Pestiziden stellt einen entscheidendes Geschäftsfeld dieser Konzerne dar. Dies hat den Anbau von Monokulturen und die Verringerung der Sortenvielfalt zur Folge.

Landwirtevorbehalt

Der Landwirtevorbehalt - der durch das Sortenschutzrecht bis vor kurzem nicht in Frage gestellt wurde - besagt, dass Landwirt/-innen das Recht haben, einen Teil der Ernte einzubehalten und im nächsten Jahr zur Wiederaussaat zu verwenden bzw. mit Nachbar/-innen zu tauschen. Dieses Recht ist vor allem für die Bauern / Bäuerinnen in den Entwicklungsländern von entscheidender Bedeutung. Durch das Patentrecht wird dieser Landwirtevorbehalt aufgehoben. Die Ernte darf im kommenden Jahr nicht wieder verwendet werden, da die Rechte daran dem Saatgutkonzern gehören, der dieses Saatgut gezüchtet hat. Diese Vorgehensweise bringt die Bauern / Bäuerinnen in starke Abhängigkeit von Großkonzernen und in Existenznöte. Zudem gelten Bauern, die gegen die neuen Bestimmungen verstoßen, vor dem Gesetz als Kriminelle und sind der Strafverfolgung ausgesetzt.

Gebogenes Recht - Alles Recht geht vom Konzerne aus

Eine gängige und offen kommunizierte Strategie von Konzernen ist es, einen möglichst engen Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern aufrecht zu erhalten und Lobbyarbeit zu betreiben. Mit Einrichtung der Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 1995 wurde eine Organisation geschaffen, die jenseits aller demokratischen Spielregeln mit ihren Regelwerken die Gesetzgebung in allen Mitgliedsstaaten - und das sind 148 - entscheidend beeinflusst. Es sind nunmehr Konzerne, die ihre Wünsche bzgl. Gesetzesänderungen an die Politiker richten, die wiederum deren Forderungen in den einzelnen Nationalstaaten bzw. in der Europäischen Union auch gegen die Interessen der Bevölkerung durchsetzen. Im Bereich der Pflanzenpatentierung werden nunmehr Züchter/-innen und Bauern / Bäuerinnen für Taten kriminalisiert, die über Jahrtausende hinweg Recht und nicht Unrecht darstellten. Diese Entwicklung bedroht nicht nur massiv die Ernährungssouveränität, sondern führt dazu, dass einzelne Konzerne noch mehr als bisher darüber entscheiden, welche Nahrungsmittel den Konsumenten weltweit zur Verfügung stehen.

Die Rechtsgrundlagen

TRIPS: Das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS - Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights) trat mit der Gründung der WTO 1995 in Kraft. Die Lobby der Pharma- und Agrochemiekonzerne spielte eine maßgebliche Rolle bei der Formulierung und Durchsetzung dieses Abkommens, das auch die Patentierung von Leben ermöglicht. Alle WTO-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, ihre Rechtssysteme entsprechend anzupassen.

EU-Biopatentrichtlinie (RL 98/44/EG): Die umstrittene EU-Biopatentrichtlinie wurde vom Europäischen Parlament 1998 beschlossen, nachdem sie 1995 bereits einmal abgelehnt worden war. Sie wurde nach wie vor nicht von allen EU-Mitgliedsländern in nationales Recht umgesetzt. Die Richtlinie 98/44/EG "zum Schutz biotechnologischer Erfindungen" ermöglicht die Patentierung von Tieren, Pflanzen und Teilen des menschlichen Körpers wie z.B. Organe oder Gene. Österreich plant derzeit die Umsetzung der Biopatentrichtlinie, die per 1.1.2005 in Kraft treten sollte, aber wegen massiver Proteste vorläufig einmal zurückgezogen wurde.

Gentechnik ohne Patente?

Damit die Gentechnologie von Großkonzernen gewinnbringend genutzt werden kann, sind diese auf die Möglichkeit der Patentierung von Leben angewiesen. Von Politiker/-innen und Entscheidungsbehörden wird zugegeben, dass ohne Patentschutz kein Kapitalgeber bereit wäre, Risikokapital für Biotech-Firmen zur Verfügung zu stellen. Wie sehr Gentechnologie auch von den wirtschaftlichen Akteuren als Risikotechnologie wahrgenommen wird, zeigt sich zudem darin, dass Versicherungen nicht bereit sind, gegen Schäden zu versichern, die durch den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft entstehen könnten.

Weiterführende Infos:

Kontakt: Astrid Konrad

Der vorliegende Text erschien zuerst auf www.attac.at/genattac.html. Es gilt das Copyleft

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