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Werner Koroschitz

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2004-12-20

Schöne Aussichten I

Die Alpen sind schon ein Problem.
Dieses Problem muß erst gelöst werden.
Solange es hohe Berge gibt,
glaube ich an keine Gerechtigkeit.
(Herbert Achternbusch)

Bereits an den letzten beiden Montagen hat kärnöl unter der kundigen Leitung von Werner Koroschitz die eine oder andere Bergtour auf den Villacher Hausberg, den Dobrač, unternommen. Lesen Sie mehr über das erschütternde Naturerlebnis im Zuge dieser Bergtouren in den Beiträgen:
Dobrač oder Villacher Alpe I
Dobrač oder Villacher Alpe II

Eine offizielle Möglichkeit, seine persönlichen Gipfelerlebnisse anderen mitzuteilen, ist die Eintragung in das Hüttenbuch. Blättern wir ein wenig im Gästebuch des Ludwig Walterhauses, so finden wir im Juli 1958 folgende Notiz: "In Gottes herrlicher Natur, bei schönstem Wetter und guter Fernsicht und frohen Mutes." Im August verewigten sich einige Wanderer mit den knappen Worten: "Der Aufstieg war herrlich, die Aussicht wunderbar", ebenso wie eine deutsche Urlauberfamilie tags darauf "vom Dobratsch schönes Wetter und eine sehr gute Aussicht" genoß. In Erwartung einer klaren Fernsicht werden seit über 200 Jahren die Gipfel der Alpen bestiegen. Der Blick von oben zählt heute zu den alltäglichen Freizeiteindrücken und dementsprechend trocken sind die in Worte gefaßten Befindlichkeiten. Seltsam nehmen sich demgegenüber die 1855 in der Zeitschrift "Carinthia" erschienenen Lobeshymnen über die Rundschau vom Dobratsch aus: "Herrlich flammt im Osten das Morgenroth des werdenden Tages . Hoch über dem Dunkel der Erdenthäler und ihrem trüben Gewölke ragen wieder die krystallglänzenden Häupter der Alpen, und schauen ernst und feierlich der kommenden Glorie entgegen. Jetzt, jetzt seht hin dem Glockner dort sendet die wiederkommende Sonne ihren ersten Strahlengruß, und haucht über seine Schneegefilde die lieblichste Rosenglut, - jetzt der Venediger und dann der Ankogel, und alle tausend Spitzen flammen auf wie Riesenkerzen in dem wundervollen Dome Gottes zur festlichen Morgenhora. Wir Beglückten, wir stehen im innersten Heiligthume des Domes, so nahe der ewigen Herrlichkeit, - die Schauer der Unendlichkeit umgeben uns, uns berührt nicht mehr die Menschenwelt da unten in der Tiefe." Dabei verstellte das metaphysische Bergerlebnis dem Esoteriker des 19. Jahrhunderts den Blick auf soziale Mißstände. Auf seinem Weg zum Dobratsch dürfte unser Naturschwärmer die Fellach passiert haben, wo damals noch einige Nagelschmieden existierten.

Über die Lebens- und Arbeitsweise dieser vorindustriellen Produktionsstätten ist uns ein Bericht von 1815 erhalten geblieben: "Die Lebensart der Nagelschmiede ist nicht die beneidenswürdigste, täglich müssen sie, und zwar durch alle Jahreszeiten, mit Weibern und Kindern um 1 Uhr Früh zur Arbeit aufstehen. Die sie dann bis 6 Uhr abends, 3 Zwischenstunden ausgenommen, fortsetzen müssen. Am Mittwoch wird zu Mittag und Samstags früh um 7 Uhr aufgehört, an welchen Tagen sich die Weiber mit Waschen und Brotbacken beschäftigen. Die Frauen sind wahrlich zu bedauern, zumal sie sich in den wenigen nächtlichen Ruhestunden auch noch mit dem Stillen der Kleinkinder befassen müssen. Der Bettelstab ist übrigens das gewöhnlichste Los dieser Arbeiter."

Während die soziale Frage und insbesondere das Armenproblem zu den großen ungelösten Aufgaben des 19. Jahrhunderts zählten, erfreuten sich bürgerliche Alpenschwärmer über ländliche Idyllen, welche der Geist der Romantik in ihren Köpfen entstehen ließ: "Hier lagert man sich auf eine üppige Flur von Alpen-Vergißmeinnicht und sieht über die sanften Abhänge des Berges hinab, während kühlende Westen die glühende Stirn umfächeln, und das Ohr auf die verhallenden Stimmen jubelnder Hirten und die Glocken des Alpenviehes horcht."

Angesichts des malerischen Ausblicks vom Dobratsch, wunderte sich 1894 ein Naturverehrer, dass "unter den Tausenden von Menschen, welche da unten am Grunde des Nebelmeeres hausen, kaum einer den Drang verspürt, nach reineren Höhen emporzusteigen, um sich dem Anblicke des Naturschauspiels hinzugeben." Der tägliche Existenzkampf ließ den Arbeitern nicht die Zeit und Muße sich in überflüssigen Naturbetrachtungen zu ergehen. Am Vorabend des bedeutungsvollen 1.Mai 1890 wurde gegen die streikenden Bergarbeiter in Bleiberg das Militär herbeigerufen, um sie zur Arbeitsaufnahme zu zwingen. Die Direktoren gewährten den Bergarbeitern eine minimale Erhöhung ihres kärglichen Schichtlohnes und verboten jegliche Aktivitäten anläßlich des 1. Mai.

Bleiberg selbst war ein beliebter Ausgangspunkt für eine Dobratschwanderung. 1865 berichtete ein Bourgeois über gesellige Stunden in Bleiberg, fernab von sozialer Not und Elend: "Die aus 8 recht gemüthlichen Naturfreunden bestehende Gesellschaft brach in Bleiberg erst um 11 Uhr abends und zwar in der heitersten Stimmung auf, nachdem sie sich zuvor in Herrn Moro´s Gasthause entsprechend gestärkt hatte. Auch der Rückweg geschah in heiterster Stimmung und wieder waren es die gastlichen Räume des Moro´schen Gasthauses in Bleiberg, wo wir die beste Erquickung fanden."

Selten gingen die Reiseschriftsteller des 19. Jahrhunderts auf die Lebensbedingungen der Bewohner der Industriegebiete ein. In den 1889 erschienenen "Cultur- und Landschaftsbildern aus Steiermark und Kärnten" von Michel Knittl sind die kargen Lebensverhältnisse der Einwohner Bleibergs immerhin eine Randnotiz wert:" Der Bleiberg liefert aus seinen zahlreichen Stollen und Schachten das beste Blei der Monarchie. Die Bevölkerung besteht größtentheils aus Bergknappen und ihren Familien. Auch die Weiber und erwachsenen Kinder sind bei der Bleigewinnung beschäftigt. Die Armuth der Leute zeigt sich in ihrem stillen und gedrückten Wesen."

Auf seinem Weg zum Dobratsch durchwanderte er den Bergwerksort um sich dann dem tatsächlich Berichtenswerten hinzugeben - der Faszination der Gebirgslandschaft: "Und am Morgen nach Sonnenaufgang da flammen die östlichen Seen in rother zitternder Gluth. Die Aussichtseuphorie, die heilige Ruhe und erhabene Stille die den Betrachter umgab, wurde höchstens von den Wohnstätten kurzlebender Menschen in den grünen Thälern gestört." Der Reisende des 19. Jahrhunderts interpretierte die Landschaft als Gemälde, worin für die Bewohner kein Platz zu sein schien. Das Leben der Menschen, deren Wohnverhältnisse und Arbeitsbedingungen, interessierten erst in zweiter Linie.

Die Verachtung des Normalmenschentums spricht auch aus dem 1958 im besagten Hüttenbuch verfaßten Reim: "Ehre sei Gott in der Höhe. Er hat die Berge so hoch gemacht und hat das auch wohl bedacht, damit nicht jeder erbärmliche Wicht, mit denen die Täler so reich gesegnet sind, den fröhlichen Wanderer hier oben begegnet. Ehre sei Gott in der Höhe." Die Naturanbeter fürchteten seit jeher um ihre privilegierte Stellung; dem Naturgenuß sollte seine Exklusivität erhalten bleiben. Schon 1872 klagte ein "sight-seeing" Tourist über jene Leute, die den Dobratsch erklimmen, lediglich um zu trinken, zu lärmen und zu singen. Konsequenterweise forderte er abschließend das Abweisen solcher Personen. Die (scheinbare) Harmonie der Berglandschaft wird lediglich durch den billigen Ausflugspöbel gestört.

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erika, 2004-12-20, Nr. 1577

dobrac`
lieber werner koroschitz
wann machst du mit kärnöl eine führung auf den dobrac`und liest uns und den anderen alpinisten deine texte am gipfel vor, mit aller liebe zu diesem stück felsen???????

erika

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