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Verena M. Groh

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2004-11-16

Begrüßung und Einleitung zum Pogromgedenken am 11. November 2004

Guten Abend.
Dober večer.
Willkommen in der Evangelischen Kirche im Stadtpark.
Prisrčno pozdrauvljeni u cerkvi u „Stadtparku“.
Werte Gedenkende, liebe Freundinnen und Freunde.
Drage prijatelijce, dragi prijatelji,
leb pozdrav nam vsem ki se tukaj spominjamo pogroma novembra.

Seit einigen Jahren treffen wir uns zum Gedenken an die Reichskristallnacht. „Reichskristallnacht“ ist ein Begriff aus der Nazi-Sprache und in seiner Bedeutung an Zynismus wohl kaum zu überbieten und zeigt deutlich die Idee und Ideologie, die dahinter stecken.
Heute sind wir hier, jenseits der üblichen Gedenkfeiern und Gedenkkultur, die nur Kriegs- und Heldendenkmäler kennt, um das Andenken, die Kultur der Erinnerung zu pflegen.
Denn das Novemberpogrom war keine einmalige Sache, keine „plötzliche Erhebung des deutschen Volkszorns“, wie es vom NS-Regime gerne dargestellt worden ist.
Das Pogrom war lange vorbereitet worden und war von einer langen Vorgeschichte begleitet mit dem einen Ziel:
Die Vernichtung sämtlichen jüdischen Lebens in Deutschland und ganz Europa.
Ziel war die Vernichtung von Juden und Jüdinnen, von Sintizes und Sintis, von Partisaninnen und Partisanen, von Homosexuellen, von Behinderten und von politisch unbequemen Menschen.
Die gesetzlichen Grundlagen dazu waren bereits geschaffen worden, wie etwa durch die Nürnberger Gesetze. Mit den Pogromen begann eine unmenschliche Maschinerie zu laufen, gespeist von Ideen, die die menschliche Vorstellungskraft bei weitem übersteigen.
In dieser Maschinerie wurden Menschen umgebracht und entwürdigt.
Das Ziel war ein zweifacher Tod: Der physische Tod und der Tod durch Vergessen. Man sollte ihre Namen nicht mehr kennen, sie sollten aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht werden. Ein Beispiel dafür ist das Massaker von Babi Yar. Sie sollten dem Dunkel überlassen werden.
Und damit wurde eine Kultur des Vergessenes eingeführt, die bis heute wirkt.
Im Grund gibt es hier bei uns eine zweigleisige Kultur, wie zwei Seiten einer Medaille (Peter Gestettner): eine erlaubte Erinnerungskultur, die den Opfertod der Soldaten und ihre Ehre pflegt und dann gibt es die Erinnerung an die Opfer, die man am liebsten ganz verschwinden lassen will.
Aus der erlaubten und gepflegten Kultur können populistische Politiker noch immer mit vollen Händen schöpfen, weil sie so tief verwurzelt ist. In dieser Kultur sind SS-Kommandos in Ex-Jugoslawien ein Beispiel für Heldentum und Vaterlandstreue und sie werden immer wieder geehrt, jedes Jahr.
Die Seite der Opfer ist dunkel und droht immer wieder ins Vergessen abzugleiten.
Oft genug werden die Opfer noch einmal kriminalisiert. „Irgendwas fürchterliches müssen die Juden ja getan haben, sonst wären sie doch nicht so verfolgt worden“. Diesen Satz höre ich oft.
Aber sie haben nichts getan.
Sie hatten die falsche die Schädelform, die falschen Körpermasse, die falsche Hautfarbe, die falsche Herkunft, die falsche Religion, die falsche politische Einstellung, die falsche sexuelle Orientierung. Sie passten nicht in den sogenannten „gesunden deutschen Volkskörper“.


Wegen diesen Menschen sind wir heute hier, um sie dem Vergessen zu entreissen, dabei geht die Aufforderung an uns: „Wehret den Anfängen“.
Immer wieder ist auch die Forderung zu hören, das alles doch zu vergeben und zu vergessen, wie z.B. Burger in seinen Werken.
Zynischer kann man wohl nicht sein. Denn die Vergebung von Seiten der Opfer können wir nicht einfordern, die kann uns nur gewährt werden und das bedeutet, dass die Täter um diese Vergebung bitten müssen.
Und Vergessen? Nein.
Damit werden die zahllosen Opfer der Nazi-Maschinerie noch einmal getötet.

Die „Kreuzstadl-Initiative“ des Vereins R.E.F.U.G.I.U.S. ist ein gutes Beispiel, sich gegen eine Kultur des Vergessenes zu wehren.
In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 wurden ca. 180 ungarische jüdische Zwangsarbeiter in der nähe des so genannten „Kreuzstadls“ des Gutes Batthany von Nazis ermordet und verscharrt. Seit Jahren wird nach diesem Massengrab gesucht. Die Bevölkerung schweigt.
Dem Verein R.E.F.U.G.I.U.S gelang der Ankauf und die Übergabe der Reste des Kreuzstadls an die Israelische Kultusgemeinde im Jahr 1993. 1995 konnte dort ein Gedenkstein errichtet werden. Die Heldenehrungen der örtlichen Verbände finden weiterhin statt.
Damit bewahrheitet sich ein Satz von Walter Benjamin:
„Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren, als das der berühmten.“
Es gilt, eine Trauerarbeit zu leisten, die jahrzehntelang nicht zugelassen wurde. Wir sind dazu aufgerufen, jeder und jede einzelne von uns.

An dieser Stelle möchte ich an Chris Fiebig gedenken, sie war Synagogenvorsteherin in der jüdischen Kultusgemeinde in Bamberg und auch für das Gebiet Kärnten zuständig. Frau Fiebig war hier in Kärnten sehr präsent und hat mir ihrer versöhnenden Art sehr viel zum Dialog und zu Erinnerungsarbeit beigetragen. Sie ist vor einer Woche überraschen gestorben.
Darum möchte ich an dieser Stelle Kaddisch sprechen.
Kaddisch ist das Gebet, das in der jüdischen Tradition für die Toten gesprochen wird und eine große Bedeutung hat. Für jeden Toten sollte Kaddisch gesprochen werden. Dieses Gebet möchte ich für Frau Fiebig in Hebräisch sprechen, und es ist sicher in ihrem Sinn, wenn es zum Gedenken den Namenlosen Opfer des NS-Regimes gesprochen wird:

Erhoben und geheiligt werde sein großer Name in der Welt, die einst erneuert wird. Er belebt die Toten und führt sie zu ewigem Leben empor, er erbaut die Stadt Jeruschalaim und krönt seinen Tempel in ihr, er entfernt den Götzendienst und bringt den Dienst des Himmels wieder an seine Stelle, regieren wird der Heilige, gelobt sei er, in seinem Reiche und in seiner Herrlichkeit in eurem Leben und in euren Tagen und dem Leben des ganzen Hauses Israel schnell und in naher Zeit, sprechet: Amen.
Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten!
Gepriesen sei und gerühmt und verherrlicht und erhoben und erhöht und gefeiert und hocherhoben und gepriesen der Name des Heiligen, gelobt sei er, hoch über jedem Lob und Gesang, Verherrlichung und Trostverheissung,d er je in der Welt gesprochen wurde, sprechet: Amen!
Fülle des Friedens und Lebens möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden, sprechet: Amen!
Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, stifte Frieden unter uns und ganz Israel, sprechet: Amen!


Danke für ihre Aufmerksamkeit. Hvala lepa.

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